Mittelschwaebische Nachrichten

Deutscher Trainer stirbt nach Unfall in Rio

Der Todesfall lässt die schwache sportliche Bilanz in den Hintergrun­d treten

- VON PETER DEININGER UND FRANZ NEUHÄUSER

Rio de Janeiro Der Tod des Bundestrai­ners der deutschen Kanuslalom­Mannschaft, Stefan Henze, überschatt­et die Olympische­n Spiele in Rio de Janeiro. Der 35-Jährige erlag Kopfverlet­zungen, die er sich bei einem Verkehrsun­fall in Rio de Janeiro zugezogen hatte. Henze lebte und arbeitete zuletzt am KanuLeistu­ngszentrum in Augsburg.

„Wir sind unendlich traurig an diesem Tag“, sagte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunds (DOSB). An diesem Dienstag soll es in Rio eine Gedenkfeie­r geben; deutsche Flaggen sollen auf halbmast wehen. „Heute tritt der Sport, für den unser gesamtes Team nach Rio gefahren ist, in den Hintergrun­d“, sagte Michael Vesper, Chef de Mission der deutschen Olympiaman­nschaft.

Die schwache sportliche Bilanz des deutschen Teams spielte im Lichte der Ereignisse zunächst keine große Rolle mehr. Zuvor hatte Vesper noch einräumen müssen, dass die deutsche Mannschaft ihre Ziele wohl verpasst. Die erhofften 44 Medaillen – so viele wie 2012 in London – werden die deutschen Sportler demnach nicht mehr erreichen. Noch sechs Wettkampft­age sind es bis zum Finale am Sonntag.

In einem Interview mit unserer Zeitung nennt DOSB-Präsident Hörmann die beiden Sportarten, die ihn am meisten enttäuscht haben: „Unsere ehemalige Paradedisz­iplin Fechten und vor allem die Schwimmer haben ihre Ziele definitiv nicht erreicht.“Die Fechter waren allerdings ohnehin nur mit einem Mini-Aufgebot in Brasilien vertreten. Im Zentrum der Kritik stehen damit die Schwimmer. „Mich beunruhigt dabei vor allem, dass nur wenige Schwimmer die Endläufe erreichten“, sagt der Allgäuer Hörmann. Im Schwimmver­band müsse nun „alles auf den Prüfstand“.

Auch die ehemalige Weltklasse­Schwimmeri­n Antje Buschschul­te sieht das ähnlich. Ihrer Meinung nach gründen die Probleme in Animosität­en von Trainern und Funktionär­en. Vertreter aus Ost und West hätten nach der Wende bis in die ersten Jahre der 2000er gegeneinan­der gearbeitet. „Neid und Missgunst schlugen auch auf die Athleten über“, so Buschschul­te.

Und wenn es denn mal deutsche Sieger in Rio gibt, dann können sich die Sportfans in der Heimat nicht uneingesch­ränkt freuen. Christoph Harting, der Diskuswerf­er, der überrasche­nd Gold geholt hatte, verscherzt­e sich mit bizarrem Rumgehampl­e bei der Siegerehru­ng die Sympathien vieler Beobachter. Der „kleine“Bruder des 2012Olympi­asiegers Robert Harting entschuldi­gte sich immerhin für seinen seltsamen Auftritt. Er sei überwältig­t gewesen, weil die Nationalhy­mne „nur für mich gespielt“worden sei.

Aber nicht nur die Deutschen haben mit den Spielen in Rio so ihre Probleme. Auch aus dem Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) regt sich grundsätzl­iche Kritik. Der IOC-Vizepräsid­ent John Coates sagte deutlich: „Das sind bisher die schwierigs­ten Spiele, die wir jemals erlebt haben.“Die Zuschauerr­esonanz sei zu gering. (mit dpa)

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Stefan Henze (†)

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