Mittelschwaebische Nachrichten
Mit der Brennstoffzelle mal eben nach Zürich
In München können Interessierte so ein Fahrzeug testen. Doch noch gibt es bundesweit viel zu wenig Tanksäulen
München Nach der Jungfernfahrt des ersten Atom-U-Boots 1955 forschten amerikanische und französische Autokonzerne an Fahrzeugen mit Atomantrieb und 8000 Kilometern Reichweite – aber das erwies sich bald als Sackgasse. Ein Auto mit Brennstoffzelle erscheint manchen vielleicht noch ähnlich exotisch. Doch ab heute kann jeder Autofahrer selbst damit fahren.
„Die Leute sollen das mal ausprobieren, die Scheu verlieren“, sagt Thomas Schäfer vom CarsharingAnbieter BeeZero. Die Firma startet in München mit nur 50 Autos – alles SUVs von Hyundai. Statt Diesel ist Wasserstoff im Tank, der von einer Brennstoffzelle in Strom umgewandelt wird und einen Elektromotor antreibt. „Das reicht für 400 Kilometer“, sagt Schäfer. So sollte man locker von München nach Zürich kommen. Wer tanken will: einfach Rüssel rein, Knopf drücken, und in fünf Minuten ist das Auto voll. In Dübendorf bei Zürich gibt es seit kurzem eine Wasserstoff-Tankstelle. BeeZero gehört dem Gase-Konzern Linde und ist eine Werbeveranstaltung. „Wir versuchen, die Leute für eine gute Technik zu begeistern“, sagt Schäfer. „Der AhaEffekt, darum geht’s uns.“Die Mietpreise liegen auf dem Niveau anderer Anbieter.
BMW hat das mit DriveNow vorgemacht. Die Carsharing-Tochter von BMW und Sixt hat eine Flotte von 4500 Autos – davon 900 batteriegetriebene BMW i3. „Indem wir Menschen mit E-Mobilität in Berührung bringen, können wir die Gesellschaft für dieses Thema sensibilisieren“, meinte Geschäftsführer Nico Gabriel.
Dass BeeZero in München auch dem Carsharing-Anbieter Car2go ein bisschen Konkurrenz macht, sieht dessen Miteigentümer Daimler deshalb sogar positiv. „Das finde ich gut. Wir arbeiten gemeinsam daran, dass das Thema vorangetrieben wird“, sagt Daimler-Sprecherin Madeleine Herdlitschka. Mercedes will 2017 sein erstes Serienauto mit Brennstoffzelle vorstellen, den SUV GLC. Bisher haben nur Hyundai und Toyota Elektroautos mit Wasserstoff und Brennstoffzelle im Angebot. Die Südkoreaner verkauften von ihrem 2013 eingeführten SUV für 65 000 Euro noch keine 400 Stück in Europa – „dem wichtigsten Markt“. Toyotas vergangenes Jahr gestarteter Mirai kostet 79 000 Euro und wurde in Deutschland bislang 20 Mal verkauft. Daimler, Linde und Air Liquide sowie die Ölkonzerne Shell, Total und OMV haben zusammen die Firma H2 Mobility gegründet, die jetzt Tanksäulen für Brennstoffzellen-Autos in Deutschland aufbauen und betreiben soll. Bisher gibt es erst 20. In zwei Jahren sollen es immerhin 100 sein, in den Ballungsräumen und entlang der Autobahnen. Wasserstoff punktet zwar bei Reichweite, Ladezeit und als grüner Speicher für überschüssigen Windstrom. Aber die Infrastruktur ist teuer. (dpa)