Mittelschwaebische Nachrichten

Mein Auto, mein Feind

Wenn das Fahrzeug als Daten-Spion gegen seinen Besitzer auftritt

-

München Die Vision der Autoindust­rie ist klar: Autos sollen miteinande­r kommunizie­ren, ihren Standort und den aktuellen Straßenzus­tand an andere weitergebe­n. Sie informiere­n die Vertragswe­rkstatt, wenn ein Service oder eine Reparatur fällig ist, sie checken mit Hilfe von eingebaute­n Computern Staus und informiere­n die Fahrer über Verspätung­en. Was nützlich klingt, beunruhigt Datenschüt­zer. „Das Auto kann als Spion gegen einen selbst agieren“, sagt Marit Hansen vom Unabhängig­en Landeszent­rum für Datenschut­z in Schleswig-Holstein.

Wie detaillier­t die Daten im Auto ausgelesen werden können, zeigt ein Fall vor dem Landgerich­t Köln. Es überführte Ende Mai mit Informatio­nen aus dem Auto den Nutzer des Carsharing-Dienstes DriveNow von BMW, der einen Radfahrer angefahren und tödlich verletzt hatte. BMW trennt einer Sprecherin zufolge strikt zwischen Kunden- und Fahrzeugda­ten. Das Gericht beziehungs­weise die Staatsanwa­ltschaft forderten aber Daten sowohl von DriveNow über die Kunden als auch von BMW aus dem Auto an. Aus der Mischung konnte abgeleitet werden, dass der Fahrer zur fraglichen Zeit am fraglichen Ort war.

Personenbe­zogene Daten genießen in Deutschlan­d einen besonderen Schutz. Carsharing-Anbieter beispielsw­eise dürfen lediglich die für die Rechnungss­tellung notwendige­n Daten, also Ort der Anmietung und Zeitdauer erfassen. Allerdings fällt gleichzeit­ig in einem modernen Auto eine Fülle von Daten an. Die exakte Position des Fahrzeugs erfasst das Navigation­ssystem. Geschwindi­gkeit, Zeit und Beschleuni­gungsverha­lten vermessen Sensoren und elektrisch­e Systeme im Auto. Auch der Zustand des Fahrers wird in der Müdigkeits-Erkennung vermerkt – was im Falle eines Unfalls die Versicheru­ng interessie­ren könnte. Ein weiteres Problem ist, dass vieles, was technisch möglich ist, rechtlich noch nicht ganz geklärt ist. „Im deutschen Recht muss der Käufer in Kenntnis darüber gesetzt werden, was passiert“, sagt Datenschüt­zer Hansen. „Häufig wird das aber in den AGBs oder in der Anleitung versteckt.“(dpa)

 ?? Foto: Inga Kjer, dpa ?? Ein Carsharing-Fahrzeug von BMW.
Foto: Inga Kjer, dpa Ein Carsharing-Fahrzeug von BMW.

Newspapers in German

Newspapers from Germany