Mittelschwaebische Nachrichten
So klappt es mit der Patientenverfügung
Was beim Ausfüllen der Vorsorge-Formulare wichtig ist und wie man Hilfe bekommt
Augsburg Ein schwerer Unfall, ein unerwarteter Schlaganfall oder fortgeschrittene Altersdemenz. Es kann sehr schnell gehen und plötzlich ist der Patient nicht mehr in der Lage, für sich selbst zu entscheiden. Viele Menschen schließen deshalb eine Patientenverfügung ab. Dabei gibt es einiges zu beachten: Petra Vetter, Fachanwältin für Medizinrecht aus Stuttgart, gibt Tipps.
Worum geht es bei einer Patientenverfügung?
Mit einer solchen Vorsorgeregelung können Patienten sicherstellen, dass im Krankheitsfall die eigenen Vorstellungen bestmöglich umgesetzt werden. Sie legt den Umfang der medizinischen Versorgung bei schwerer oder aussichtsloser Behandlung fest. Auch in Extremsituationen – wenn jemand nicht mehr ansprechbar oder in der Lage ist, seinen Willen zu äußern – kann so jeder sein Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen. Etwa, wenn jemand nach einem schweren Unfall oder Schlaganfall im Koma liegt.
Ab wann greift die Verfügung?
Solange ein Patient noch in der Lage ist, entscheidet er selbst, wie er behandelt wird und welche Eingriffe er ablehnt. Erst wenn er dazu nicht mehr imstande ist, tritt die Patientenverfügung in Kraft.
Wer kann eine Patientenverfügung verfassen?
Jeder kann ein solches Dokument verfassen. Einzige Bedingung: Er muss volljährig sein. Für Minderjährige entscheiden in der Regel die Eltern. Entscheidend sei, dass der Patient die Folgen erfasst, sagt Rechtsexpertin Vetter.
Gibt es ein spezielles Formular?
Auf verschiedenen Portalen können unterschiedliche Formulare heruntergeladen werden. Insgesamt gibt es laut Stiftung Warentest rund 260 Muster. Man braucht aber keinen Vordruck, sondern kann die Patientenverfügung auch handschriftlich oder elektronisch verfassen. Zwar gibt es im Internet viele Textbausteine, doch Petra Vetter rät trotzdem dazu, die Verfügung so individuell wie möglich zu verfassen.
Wo kann ich mich beraten lassen?
Eine Beratung ist nach den Worten von Expertin Vetter nicht vorgeschrieben. Vor allem Menschen, die einen individuellen Text verfassen, sollten sich aber Hilfe holen. Dafür müsse man allerdings nicht zum Anwalt gehen, sagt sie. Es gibt ehrenamtliche Stellen in den Gemeinden und auch Kirchen bieten hier kostenfrei Unterstützung an. Fragen zu lebensverlängernden Maßnahmen und zur Art der Krankheit beantwortet ihren Angaben zufolge am besten der Arzt des Vertrauens.
Was muss ich beachten?
Die Formulierungen sollten klar sein, die Wünsche so konkret wie möglich verfasst, sagt Fachanwältin Vetter. Das hat nun auch noch einmal der Bundesgerichtshof bestätigt (Az. XII ZB 61/16). Nur zu sagen, dass „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“gewünscht sind, reicht demnach nicht aus. Bindend seien die Festlegungen nur dann, wenn einzelne ärztliche Maßnahmen genannt oder Krankheiten und Behandlungssituationen klar genug beschrieben würden. Expertin Vetter fügt hinzu, dass auch Formulierungen wie „nicht an Schläuche anschließen“vermieden werden sollten. Verfügungen wie „in Stille und Würde“würden ebenfalls zu viel Interpretationsspielraum zulassen. Das Dokument muss nach Vetters Worten außerdem persönlich unterschrieben sein, ansonsten ist es ungültig. Auch Ort und Datum sollten angegeben werden.
Wie viel kostet eine Patientenverfügung?
Da ein Notar die Patientenverfügung nicht beglaubigen muss, kostet sie prinzipiell nichts. Die Formulare werden meist kostenlos zum Herunterladen angeboten. Solche Vorlagen gibt es beispielsweise auf der Internetseite des Bayerischen Justizministeriums sowie bei der Stiftung Warentest. Bei einigen Dienstleistern kann man die ausgefüllten For- mulare gleich abschicken und bekommt die Papiere zugeschickt – für eine Bearbeitungsgebühr von bis zu 30 Euro. Übrigens: Wer seine Patientenverfügung einmal verfasst hat, braucht sie nicht unbedingt zu aktualisieren, außer seine Vorstellungen bezüglich der medizinischen Versorgung ändern sich im Verlauf der Zeit.
Muss ich das Dokument irgendwo abgeben?
Prinzipiell nein. Eine Kopie beim Hausarzt zu hinterlassen, schadet aber nicht. Expertin Vetter rät dazu, in seinem Geldbeutel einen Hinweis auf seine Patientenverfügung zu hinterlassen: „Auch ist es gut, eine Kopie bei einer vertrauten Person abzugeben.“
Gibt es noch andere Möglichkeiten neben der Patientenverfügung?
Falls der nicht mehr ansprechbare Patient keine Patientenverfügung verfasst hat, gibt es noch eine andere Option, seinen Willen zu äußern. Und zwar, wenn der Patient eine Vorsorgevollmacht erstellt hat. Er benennt eine vertraute Person, die in Extremsituationen im Sinne des Patienten entscheiden soll. Rechtsanwältin Vetter rät, die beiden Möglichkeiten zu kombinieren. Wer sich für eine Vorsorgevollmacht entscheidet, sollte sich allerdings unbedingt von einem Anwalt beraten lassen.