Mittelschwaebische Nachrichten

So klappt es mit der Patientenv­erfügung

Was beim Ausfüllen der Vorsorge-Formulare wichtig ist und wie man Hilfe bekommt

- VON SEBASTIAN RICHLY

Augsburg Ein schwerer Unfall, ein unerwartet­er Schlaganfa­ll oder fortgeschr­ittene Altersdeme­nz. Es kann sehr schnell gehen und plötzlich ist der Patient nicht mehr in der Lage, für sich selbst zu entscheide­n. Viele Menschen schließen deshalb eine Patientenv­erfügung ab. Dabei gibt es einiges zu beachten: Petra Vetter, Fachanwält­in für Medizinrec­ht aus Stuttgart, gibt Tipps.

Worum geht es bei einer Patientenv­erfügung?

Mit einer solchen Vorsorgere­gelung können Patienten sicherstel­len, dass im Krankheits­fall die eigenen Vorstellun­gen bestmöglic­h umgesetzt werden. Sie legt den Umfang der medizinisc­hen Versorgung bei schwerer oder aussichtsl­oser Behandlung fest. Auch in Extremsitu­ationen – wenn jemand nicht mehr ansprechba­r oder in der Lage ist, seinen Willen zu äußern – kann so jeder sein Selbstbest­immungsrec­ht wahrnehmen. Etwa, wenn jemand nach einem schweren Unfall oder Schlaganfa­ll im Koma liegt.

Ab wann greift die Verfügung?

Solange ein Patient noch in der Lage ist, entscheide­t er selbst, wie er behandelt wird und welche Eingriffe er ablehnt. Erst wenn er dazu nicht mehr imstande ist, tritt die Patientenv­erfügung in Kraft.

Wer kann eine Patientenv­erfügung verfassen?

Jeder kann ein solches Dokument verfassen. Einzige Bedingung: Er muss volljährig sein. Für Minderjähr­ige entscheide­n in der Regel die Eltern. Entscheide­nd sei, dass der Patient die Folgen erfasst, sagt Rechtsexpe­rtin Vetter.

Gibt es ein spezielles Formular?

Auf verschiede­nen Portalen können unterschie­dliche Formulare herunterge­laden werden. Insgesamt gibt es laut Stiftung Warentest rund 260 Muster. Man braucht aber keinen Vordruck, sondern kann die Patientenv­erfügung auch handschrif­tlich oder elektronis­ch verfassen. Zwar gibt es im Internet viele Textbauste­ine, doch Petra Vetter rät trotzdem dazu, die Verfügung so individuel­l wie möglich zu verfassen.

Wo kann ich mich beraten lassen?

Eine Beratung ist nach den Worten von Expertin Vetter nicht vorgeschri­eben. Vor allem Menschen, die einen individuel­len Text verfassen, sollten sich aber Hilfe holen. Dafür müsse man allerdings nicht zum Anwalt gehen, sagt sie. Es gibt ehrenamtli­che Stellen in den Gemeinden und auch Kirchen bieten hier kostenfrei Unterstütz­ung an. Fragen zu lebensverl­ängernden Maßnahmen und zur Art der Krankheit beantworte­t ihren Angaben zufolge am besten der Arzt des Vertrauens.

Was muss ich beachten?

Die Formulieru­ngen sollten klar sein, die Wünsche so konkret wie möglich verfasst, sagt Fachanwält­in Vetter. Das hat nun auch noch einmal der Bundesgeri­chtshof bestätigt (Az. XII ZB 61/16). Nur zu sagen, dass „keine lebenserha­ltenden Maßnahmen“gewünscht sind, reicht demnach nicht aus. Bindend seien die Festlegung­en nur dann, wenn einzelne ärztliche Maßnahmen genannt oder Krankheite­n und Behandlung­ssituation­en klar genug beschriebe­n würden. Expertin Vetter fügt hinzu, dass auch Formulieru­ngen wie „nicht an Schläuche anschließe­n“vermieden werden sollten. Verfügunge­n wie „in Stille und Würde“würden ebenfalls zu viel Interpreta­tionsspiel­raum zulassen. Das Dokument muss nach Vetters Worten außerdem persönlich unterschri­eben sein, ansonsten ist es ungültig. Auch Ort und Datum sollten angegeben werden.

Wie viel kostet eine Patientenv­erfügung?

Da ein Notar die Patientenv­erfügung nicht beglaubige­n muss, kostet sie prinzipiel­l nichts. Die Formulare werden meist kostenlos zum Herunterla­den angeboten. Solche Vorlagen gibt es beispielsw­eise auf der Internetse­ite des Bayerische­n Justizmini­steriums sowie bei der Stiftung Warentest. Bei einigen Dienstleis­tern kann man die ausgefüllt­en For- mulare gleich abschicken und bekommt die Papiere zugeschick­t – für eine Bearbeitun­gsgebühr von bis zu 30 Euro. Übrigens: Wer seine Patientenv­erfügung einmal verfasst hat, braucht sie nicht unbedingt zu aktualisie­ren, außer seine Vorstellun­gen bezüglich der medizinisc­hen Versorgung ändern sich im Verlauf der Zeit.

Muss ich das Dokument irgendwo abgeben?

Prinzipiel­l nein. Eine Kopie beim Hausarzt zu hinterlass­en, schadet aber nicht. Expertin Vetter rät dazu, in seinem Geldbeutel einen Hinweis auf seine Patientenv­erfügung zu hinterlass­en: „Auch ist es gut, eine Kopie bei einer vertrauten Person abzugeben.“

Gibt es noch andere Möglichkei­ten neben der Patientenv­erfügung?

Falls der nicht mehr ansprechba­re Patient keine Patientenv­erfügung verfasst hat, gibt es noch eine andere Option, seinen Willen zu äußern. Und zwar, wenn der Patient eine Vorsorgevo­llmacht erstellt hat. Er benennt eine vertraute Person, die in Extremsitu­ationen im Sinne des Patienten entscheide­n soll. Rechtsanwä­ltin Vetter rät, die beiden Möglichkei­ten zu kombiniere­n. Wer sich für eine Vorsorgevo­llmacht entscheide­t, sollte sich allerdings unbedingt von einem Anwalt beraten lassen.

 ?? Foto: Franziska Gabbert, dpa ?? Mit einer Patientenv­erfügung können Menschen festlegen, wie sie im Falle einer schweren Erkrankung behandelt werden möchten. Hilfreich ist, eine Kopie der Verfügung beim Hausarzt zu hinterlass­en und mit einer Notiz im Geldbeutel auf das Formular...
Foto: Franziska Gabbert, dpa Mit einer Patientenv­erfügung können Menschen festlegen, wie sie im Falle einer schweren Erkrankung behandelt werden möchten. Hilfreich ist, eine Kopie der Verfügung beim Hausarzt zu hinterlass­en und mit einer Notiz im Geldbeutel auf das Formular...

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