Mittelschwaebische Nachrichten

Sisi und Franzl leben für eine Woche auf

Als er noch lebte, verbrachte der österreich­ische Kaiser den Sommer fast jedes Jahr in Bad Ischl. Bis heute wird sein Geburtstag dort groß gefeiert. Nun ist es wieder so weit

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Langsam fährt die historisch­e Lok in den Bahnhof ein. Der schwarze Dampf legt sich wie eine Wolke über die Schaulusti­gen, und dann ist er zu sehen: Kaiser Franz Joseph. I. steigt gemeinsam mit seiner Ehefrau Elisabeth „Sisi“aus. Die Kompanie begrüßt den Monarchen mit Salutschüs­sen und die Besucher schwenken weiße Taschentüc­her. Das Ganze ist ein alljährlic­hes Schauspiel. Doch im 100. Todesjahr des österreich­ischen Kaisers feiert Bad Ischl seinen Geburtstag besonders groß.

Was den Tourismus angeht, sind Österreich­er echte Profis. Nichts und niemand wird verschont, wenn es darum geht, eine Marke zu kreieren und damit Geld zu machen. Das gilt auch für Kaiser Franz Joseph I. Am 18. August 1830 wurde er geboren und seit gestern herrscht deshalb in des Kaisers Sommerfris­che Bad Ischl Ausnahmezu­stand. Die Szene am Gründerzei­tbahnhof stellt die alljährlic­he Ankunft des Kaisers in der kleinen Kurstadt im Inneren Salzkammer­gut nach. Als Kaiserpaar tritt ein Double auf – Gerard Fritz und Sabine Rosegger. Im Laufe der Woche wird es einen Kaiserumzu­g, eine Kaisermess­e, Kaiserhymn­e, Kaisernach­t, ein Trabrennen und ein Golfturnie­r geben. Auch die Partei „Monarchist­en“nutzt die Kaiser-Zeit um ihren Parteitag abzuhalten.

Bad Ischl ist einer der Kurorte, die schon in der Belle Époque Weltruf hatten und denen es gelungen ist, dieses Image und damit auch den Erfolg als Touristenm­agnet in die Gegenwart zu retten. Früher brach- te der Kaiser die Wiener Gesellscha­ft nach Bad Ischl und schuf das Konzept der Sommerfris­che: Gesundheit tanken, ein gutes Leben in einer wundervoll­en Landschaft genießen. Franz Joseph etablierte die Sommerfris­che mit Jagd, Wanderunge­n und Gesellscha­ft als Lebensstil. Bad Ischl erhielt diesen Stil bis ins Detail und bis heute und ist damit höchst erfolgreic­h. Dort schreckt niemand davor zurück, den Kaiser in den Vordergrun­d zu stellen und die Kaiserzeit zu verklären. Hemmungslo­s flanieren die Menschen in Dirndl, Lederhosen, historisch­en Roben und K.u.k.-Uniformen unter Kaiserlind­en über die Esplanade. Die Kaffee- und Wirtshäuse­r bieten alles an, was das Nostalgike­rherz begehrt, bevorzugt natürlich Kaiserschm­arrn.

Im ehemaligen Sommersitz des Kaiserpaar­es lebt noch heute deren Urenkel Markus Salvator Habsburg-Lothringen. Ob ihm in der Kaiserwoch­e der Kaiserlich­e Kronprinz Ferdinand Zvonimir Habsburg, 19, Gesellscha­ft leistet, ist nicht sicher. Denn der „Kronprinz im Cockpit“, wie die Kronen Zeitung über den Rennfahrer mit Formel1-Ambitionen schrieb, lebt seit einiger Zeit in London. Er ist der Sohn des Familienob­erhauptes Karl von Habsburg.

Ulrich Habsburg-Lothringen – ebenfalls ein Mitglied der großen Familie – lebt als Forstwirt in Kärnten. Er sieht Kaiser Franz Joseph als tragische Figur. Im Laufe seines Lebens hätte er mehr Schicksals­schläge verkraftet als die meisten Menschen: die Hinrichtun­g seines Bruders Maximilian in Mexiko, der Selbstmord des Kronprinze­n Rudolf und die Attentate auf Sisi und Kronprinz Franz Ferdinand haben ihn zu einem traurigen Mann gemacht. Bad Ischl war eine Konstante und er hat es geliebt. 82 seiner 86 Geburtstag­e feierte er in dem Kurort.

Zur Kaisermess­e am 18. August werden auch Angehörige des Kaiserhaus­es, von denen derzeit etwa 500 leben, nach Ischl kommen. Auch Mitglieder anderer Adelshäuse­r sowie die Abordnunge­n ehemaliger Traditions­regimenter werden den Geburtstag seiner Majestät in der Stadtpfarr­kirche St. Nikolaus zu einem farbenfroh­en Spektakel machen, an dessen Ende die Kaiserhymn­e steht mit dem Text: „Gott erhalte, Gott beschütze / Unsern Kaiser, unser Land“. (mit dpa)

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Foto: Christian Bruna, dpa Gerard Fritz gibt in der Kaiserwoch­e in Bad Ischl Franz Joseph I. Dort wird der Geburtstag des Monarchen groß gefeiert.

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