Mittelschwaebische Nachrichten

Entschleun­igter Urlaub mit einem PS

Planwagenf­ahrt mit der ganzen Familie an der Müritz

- VON ALEXANDRA FRANK

Ernst ist aufgeregt. Die Nüstern sind gebläht, die Ohren nach vorne gerichtet. Dann schnaubt er und springt mit einem großen Satz los. Jetzt heißt es Ruhe bewahren und die Regeln beherzigen, die mir in einem zweitägige­n Crash-Kurs über Kutschund Planwagenf­ahrten beigebrach­t worden sind. Der Planwagen wackelt bedenklich und droht im Baum hängen zu bleiben. Mein Mann springt an das Halfter und bringt Pferd und Wagen zum Stillstand. Ernst lässt erst einmal ein paar Pferdeäpfe­l fallen und blickt uns mit unschuldig­em Blick an. „Eigentlich“, sagt mein Mann, „sollte das ja ein entschleun­igter Urlaub werden. Der uns zur Ruhe kommen lässt.“Eine knappe Woche sind wir mit dem Planwagen in der Mecklenbur­gischen Schweiz unterwegs. Im gemächlich­en Tempo mit einem PS. Maximal 18 Kilometer legen wir am Tag zurück, mit dem Pferd dauert das rund vier bis fünf Stunden. Genug Zeit, um die Landschaft zu genießen, dem Hufeklappe­rn zu lauschen und mit unseren Töchtern, sieben und vier Jahre alt, zu plaudern. Wenn das Pferd nicht gerade losstürmt.

In gemächlich­em Tempo

Zum Glück ist der holprige Start am dritten Tag die Ausnahme – vor dem uns Klaus Dittrich vom Anbieter Pferdecamp­er, der ebenso wie einige Unternehme­n in anderen Teilen Deutschlan­ds Planwagen und Pferde vermietet, gewarnt hatte. „Das Heikelste ist immer der Start“, hatte der studierte Tierpsycho­loge während der Einweisung erklärt. In den ersten beiden Tagen der Tour brechen wir zu Tagestoure­n auf und kehren nachmittag­s zurück zum Basislager in Alt Falkenhage­n. Das Dorf liegt knapp acht Kilometer nördlich der Müritz, also genau zwischen der Mecklenbur­gischen Seenplatte und der Mecklenbur­gischen Schweiz, umringt von Feldern und sanften Hügeln, Wäldern und Seen. Schon nach einigen Minuten Fahrt lässt die Aufregung nach, und die Entspannun­g setzt ein. Das Tempo ist so gemütlich, dass uns nicht nur Radfahrer spielend überholen, sondern auch die Kinder neben dem Wagen herlaufen können, um Kornblumen am Feldrand zu pflücken. Die Wege, die wir auf unserer Tour zurücklege­n, hat der Veranstalt­er sorgfältig ausgewählt: keine Bundesstra­ßen, stattdesse­n Wald- und Wiesenwege sowie wenig befahrene Dorfstraße­n. Routen und Ortsnamen sind detaillier­t in nach Tagen geordneten TourBeschr­eibungen aufgeführt: Groß Gievitz, Hungerstor­f, Clausdorf, Sorgenlos. Übernachte­t wird im Planwagen, der mit Betten für vier Personen, Herd, Kühlschran­k und Heizung ausgestatt­et ist. Dabei kooperiert der Reiseveran­stalter mit Bauernhöfe­n in der Umgebung, auf denen wir unseren Wagen abstellen können und das Pferd über Nacht versorgt ist. So wie beim Bio-Milchbauer­n, der unseren Kindern frische Milch gibt und uns mit dem Wallach eine Weide zuteilt, die direkt neben dem Hof liegt.

Ein Apfel für das Pferd

Doch hier ist Vorsicht angesagt. „Zäunt Euren Wagen unbedingt ein, sonst bekommt ihr kein Auge zu“, hatte uns Dittrich geraten. Denn Ernst ist anhänglich. Genüsslich schubbelt er mit dem Bauch am Wagen entlang, so dass dieser leicht zu schwanken beginnt. Und beim Abendessen hängt sofort sein großer Kopf über unseren Tellern. „Ohne seine Pferdefreu­nde sind wir ja seine Herde“, erklärt uns unsere Siebenjähr­ige und steckt ihm heimlich ein Stück Apfel zu.

 ??  ??
 ?? Fotos: Alexandra Frank ?? Die Zügel immer in der Hand: Die Planwagenf­ahrt ist ein Spaß für die ganze Familie.
Fotos: Alexandra Frank Die Zügel immer in der Hand: Die Planwagenf­ahrt ist ein Spaß für die ganze Familie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany