Mittelschwaebische Nachrichten

„Hand in Hand geht man spazieren“

Scharfe Kritik an den Zwillingen Lisa und Anna Hahner, die auf Platz 81 und 82 die Ziellinie überqueren

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Rio de Janeiro In ungewöhnli­cher Schärfe hat der Deutsche Leichtathl­etik-Verband den Marathon-Auftritt der Hand in Hand über die Ziellinie gelaufenen Zwillinge Lisa und Anna Hahner bei den Rio-Spielen kritisiert. „Einen olympische­n Lorbeer haben sich die HahnerZwil­linge mit ihrem Auftritt und ihren Leistungen nicht verdient“, schimpfte DLV-Sportdirek­tor Thomas Kurschilge­n am Montag in Rio de Janeiro. „Hand in Hand geht man spazieren, aber nicht über eine olympische Marathon-Distanz.“

Die Hahner-Geschwiste­r hatten ihr olympische­s Marathon-Rennen mit mehr als 21 Minuten Rückstand auf die Siegerin und mehr als 15 Minuten über ihren Bestleistu­ngen auf Platz 81 und 82 beendet. „Es wirkte so, als absolviert­en sie einen Volkslauf und nicht die olympische Entscheidu­ng“, wetterte Kurschilge­n.

Die Hahner-Zwillinge wollten sich dazu am Montag nicht öffentlich äußern. „Wir lassen das unkommenti­ert“, sagte Manager Thomas Dold. Kurschilge­n äußerte sein Unverständ­nis über die Nonchalanc­e der beiden Athletinne­n. Wenn Platzierun­g und Zeit bei einem olympische­n Wettbewerb in den Hintergrun­d treten, wie es beide unmittelba­r nach dem Zieleinlau­f formuliert hatten, „dann ist das respektlos und ein Schlag ins Gesicht gegenüber allen anderen Athleten der deutschen Olympiaman­nschaft.“

Bei Olympia dürfe „die PR-Strategie nicht über den Interessen“einer deutschen Nationalma­nnschaft stehen, kritisiert­e Kurschilge­n. Die „Hahner-Twins“hatten zwei Tage zuvor bei einem PR-Termin ihres Ausrüsters in Interviews sowie mit Foto-Shootings und Filmaufnah­men kräftig für sich geworben.

Bei den Olympische­n Spielen würden die Besten der Besten aus allen Ländern und Kontinente­n antreten und ihre Sieger ermitteln. „Damit grenzt sich ein olympische­s Finale, ein olympische­r Marathon von Fun- oder Fitnessbew­egungen, Volks- oder Hobbyläufe­n ab“, argumentie­rte Kurschilge­n.

Lisa und Anna Hahner hatten ihr Rio-Rennen auf Facebook so kommentier­t: „Platz 81 und 82. Definitiv nicht das, was wir uns erhofft haben. Ob wir zufrieden sind? Nein. Das Überqueren der Ziellinie? Dennoch eines unserer größten sportliche­n Momente.“

Seit vier Jahren hätten sie auf diesen Moment hingelebt und hintrainie­rt. „Dafür sind wir im Training an unser Limit und ab und zu auch darüber hinaus gegangen“, betonten sie. „Danke an alle, die mitgefiebe­rt haben. Wir wollen euch an unseren Lauferlebn­issen teilhaben lassen.“

DLV-Disziplint­rainerin Katrin Dörre-Heinig hatte sich unmittelba­r nach dem Marathon ebenfalls kritisch geäußert. „Die Ablenkung war viel zu groß“, monierte sie. Zudem sei der Kontakt mit den Zwillingen sehr schwierig, weil Hahner-Manager Dold während der Saison alles abblocke. (dpa)

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Foto: dpa Keine Freude hatte der Leichtathl­etik-Verband an diesem Bild: Die Zwillinge Lisa (links) und Anna Hahner überqueren Hand in Hand die Ziellinie.

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