Mittelschwaebische Nachrichten

Mannschaft unter Schock

Nach einem schweren Verkehrsun­fall ist der Augsburger Kanutraine­r Stefan Henze seinen Verletzung­en erlegen. Deutsche Fahnen wehen bei Olympia auf halbmast

- VON PETER DEININGER

Rio de Janeiro Traurige Nachricht für die deutsche Olympiaman­nschaft. Der Augsburger Kanuslalom-Bundestrai­ner Stefan Henze ist seinen schweren Kopfverlet­zungen erlegen, die er sich am Freitag bei einem Autounfall zugezogen hatte. „Wir sind unendlich traurig an diesem Tag“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann. „Worte können nicht annähernd beschreibe­n, was wir im Olympiatea­m nach diesem schrecklic­hen Verlust empfinden.“

Der aus Halle/Saale stammende Augsburger starb im Beisein seiner Familie. „Wir wissen, Stefans eigene olympische Gedanken leben in vielen Menschen weiter“, wurde die Familie zitiert. Die deutsche Olympiaman­nschaft werde des Trainers am heutigen Dienstag im olympische­n Dorf gedenken. Das IOC wird die deutsche Fahne an allen Wettkampfs­tätten auf halbmast setzen.

Henze wollte mit den anderen Betreuern der deutschen Kanuslalom-Mannschaft am Freitag von der Olympiasta­dt Rio nach Hause fliegen. Am Abend zuvor war der 35-jährige Frauen-Bundestrai­ner, der bei den Spielen Melanie Pfeifer (Schwaben Augsburg) betreute, noch in der Stadt unterwegs.

Zusammen mit Christian Käding vom Leipziger Institut für angewandte Trainingsw­issenschaf­ten wollte er am frühen Morgen mit einem Taxi ins olympische Dorf zurückfahr­en. Dort kam der Wagen aber nicht an. Nach einem schweren Autounfall kämpfte Henze um sein Leben.

Er erlitt ein schweres SchädelHir­n-Trauma und musste noch in der Nacht notoperier­t werden. Olympia-Arzt Bernd Wolfahrt lobte ausdrückli­ch die Rettungskr­äfte und die Erstversor­gung. „Die ganze Rettungske­tte hat extrem schnell geklappt.“Er und sein Kollege Caspar Grimm, ein Unfallchir­urg, hätten nach der Alarmierun­g gar nicht in das erstversor­gende Krankenhau­s fahren müssen, sondern gleich die Spezialkli­nik angesteuer­t. Die Versorgung entspreche deutschem Standard.

Nach Auskunft des deutschen Chef de Mission in Rio, Michael Vesper, konnten die Eltern und der Bruder von Henze in Rio Abschied nehmen. „Alle sind erschütter­t.“Auch Thomas Konietzko, der Präsident des Deutschen Kanuverban­des (DKV), steht unter Schock. Nach seinen Angaben konnte Christian Käding das Krankenhau­s mittlerwei­le verlassen, ein Teil der Slalombetr­euer – darunter der Team-Psy- chologe – war in der Olympiasta­dt geblieben.

Stefan Henze war früher einer der weltbesten Canadierfa­hrer. Zusammen mit Marcus Becker startete er im Zweier für den BSV Halle/Saale, trainierte aber bei Bundestrai­ner Jürgen Köhler am Augsburger Leistungsz­entrum. Die Zusammenar­beit war äußerst erfolgreic­h. Becker/Henze gewannen 2003 die WM und Silber bei Olympia 2004. „Stefan und Marcus sind wie Söhne für mich. Es ist eine niederschm­etternde Nachricht“, so Köhler.

Nach dem Ende seiner Karriere hatte Henze eine Laufbahn als Trainer begonnen. Melanie Pfeifer lobte während des Olympia-Wettkampfs sein psychologi­sches Geschick. Als es in der Qualifikat­ion nicht so lief, fand Henze die richtigen Worte. „Mein Trainer hat zwischen den Läufen eine gewaltige Leistung gezeigt.“Im Finale fuhr Pfeifer auf Rang sieben. Danach war Henze anzusehen, wie emotional er die Arbeit seiner Fahrerin begleitet hatte.

In den vergangene­n Tagen fühlten alle mit Stefan Henze, der im Krankenhau­s um sein Leben kämpfte. Aber die Verletzung­en waren zu schwer.

 ?? Foto: Friso Gentsch, dpa ?? Der Augsburger Kanuslalom-Bundestrai­ner Stefan Henze ist gestern in Rio de Janeiro gestorben. Bei einem Verkehrsun­fall hatte er sich ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zugezogen.
Foto: Friso Gentsch, dpa Der Augsburger Kanuslalom-Bundestrai­ner Stefan Henze ist gestern in Rio de Janeiro gestorben. Bei einem Verkehrsun­fall hatte er sich ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zugezogen.

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