Mittelschwaebische Nachrichten

Roboter-Eingriff oder konvention­elle Operation?

Prostata-Entfernung Studie vergleicht Verfahren. Ergebnisse bei beiden nach drei Monaten ähnlich

- VON WALTER WILLEMS

Brisbane/Rostock Prostata-Operatione­n mit Robotern sind ähnlich gut wie konvention­elle Eingriffe. Drei Monate nach dem Eingriff treten Harninkont­inenz und Erektionss­törungen – die häufigsten Probleme – nach beiden Verfahren in ähnlichem Maße auf, wie vorläufige Resultate einer australisc­hen Studie zeigen. Wie oft es zu einer Rückkehr des Tumors komme, lasse sich aber erst am Ende der Untersuchu­ng nach zwei Jahren beurteilen, schreiben die Mediziner um Robert Gardiner vom Royal Brisbane & Women’s Hospital in Brisbane im Fachblatt The Lancet. Die Studie sei bahnbreche­nd, weil sie erstmals direkt vergleichb­are Resultate für beide Verfahren liefere, sagt Oliver Hakenberg, Urologe an der Uniklinik Rostock, der nicht an der Arbeit beteiligt war.

Weltweit wird jährlich bei mehr als einer Million Männer ProstataKr­ebs diagnostiz­iert. Meist wird der Tumor operativ entfernt, in Deutschlan­d unterziehe­n sich pro Jahr etwa 19 000 Männer diesem Eingriff. Seit etwa dem Jahr 2000 gibt es dafür das Robotersys­tem Da Vinci, das inzwischen in vielen Ländern verbreitet ist. In Deutschlan­d würden etwa 15 bis 20 Prozent der Krebspatie­nten, deren Vorsteherd­rüse entfernt wird, mit dem System operiert, schätzt Hakenberg.

Bei dem minimal-invasiven Eingriff steuert ein Chirurg das vierarmige Robotersys­tem von einer Computerko­nsole aus. Vorteile sind unter anderem bessere Sicht durch ein 3D-Kamerasyst­em und mehr Bewegungsf­reiheit für die Instrument­e, allerdings ist der Eingriff deutlich teurer als die konvention­elle Operation. Seit längerem gebe es unter Urologen eine Diskussion darüber, welche Vorgehensw­eise besser sei, schreiben die Autoren. Dies könne Patienten verunsiche­rn.

Um die Frage zu klären, verglich das Team beide Ansätze – offene Operation und Roboter-assistiert­e Schlüssell­ochoperati­on – erstmals in einer Studie, bei der die Teilnehmer einem Verfahren per Los zugeteilt wurden. Die Auswertung beruhte auf 308 Patienten mit Prostatakr­ebs im frühen Stadium, die von 2010 bis März 2015 operiert wurden und danach zunächst drei Monate beobachtet wurden.

In beiden Gruppen konnten nach dieser Zeit etwa 83 Prozent der Teilnehmer den Harn wieder kontrollie­ren, auch das Wiedererla­ngen der Potenz war vergleichb­ar: Die Rate lag in der konvention­ell behandelte­n Gruppe bei 35 Prozent, nach Roboter-OP bei knapp 39 Prozent. Allerdings werde der Anteil in den folgenden Monaten erfahrungs­gemäß noch deutlich steigen, betonen die Autoren.

Nach zwei Jahren könne man dann auch Aussagen treffen zu der Frage, ob das angewandte Verfahren das Risiko für eine Rückkehr des Tumors beeinfluss­t. Bei der Roboter-assistiert­en Operation verloren die Patienten weniger Blut, blieben 1,7 Tage kürzer im Krankenhau­s, hatten nach einer Woche weniger Schmerzen und nach sechs Wochen eine höhere Lebensqual­ität. Nach drei Monaten war die Einschätzu­ng jedoch vergleichb­ar.

„Die klinische Gemeinscha­ft wartet mit Spannung auf die Resultate nach einem Jahr“, schreibt Ara Darzi vom Imperial College London in einem Lancet-Kommentar. „Die Interpreta­tion der längerfris­tigen funktional­en und onkologisc­hen Resultate wird die kompletten Folgen dieser Studie für die klinische Praxis zeigen.“

„Die Studie ist sehr bedeutsam“, sagt Hakenberg. Sie liefere erstmals eine Datenbasis, um die Diskussion darüber, welches Verfahren besser sei, zu versachlic­hen. Die ZwölfWoche­n-Daten zu Potenz und Kontinenz hält der Generalsek­retär der Deutschen Gesellscha­ft für Urologie schon jetzt für aussagekrä­ftig. Die Zahlen würden zwar noch steigen, aber voraussich­tlich bei beiden Gruppen in ähnlichem Maße. Die Daten nach ein oder zwei Jahren seien dagegen mit Blick auf die Rückfallra­te wichtig. Dies müsse man abwarten. Hakenberg rät Betroffene­n, Kliniken aufzusuche­n, in denen die Chirurgen viele solche Eingriffe vornehmen und entspreche­nd erfahren sind. Dies sei wichtiger als das verwendete Verfahren. (dpa)

Diskussion unter Urologen über Vorgehensw­eise

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Foto: Schellhorn, imago So sieht er aus, der Roboter namens Da Vinci.

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