Mittelschwaebische Nachrichten
Blickpunkt Olympia
Gold für Kanuten Brendel +++ Trauer um den Kanu-Trainer Henze +++ Fabian Hambüchen gewinnt am Reck
Rio de Janeiro Gold, Gold, Gold: Überwältigt und glückstrunken versprach Ausnahme-Turner Fabian Hambüchen nach seinem Olympiasieg eine wilde Party im Deutschen Haus von Rio de Janeiro. „Da findet ihr morgen nur noch einen Haufen Schutt“, scherzte der 28-Jährige nach dem Reck-Triumph im letzten internationalen Wettkampf seiner glanzvollen Karriere. Mit einer perfekten Flugshow am Königsgerät hatte der Wetzlarer mit 15,766 Punkten die Konkurrenz hinter sich gelassen und das erste Gold für einen deutschen Turner seit dem Sieg des Berliners Andreas Wecker in Atlanta 1996 erobert. „Es ist unbeschreiblich, ich kann meine Gefühle gar nicht in Worte fassen“, sagte Hambüchen der ARD.
Zuvor hatte sich seine ganze Anspannung in einem gewaltigen Urschrei entladen, dann stieß Hambüchen die rechte Faust in der Luft. Glücklich lag der Hesse seinem Vater in den Armen, als die quälend lange Warterei auf die Übungen der
„Es ist unbeschreiblich. Ich kann meine Gefühle gar nicht in Worte fassen.“Fabian Hambüchen
Konkurrenz und deren Wertungen zu Ende war. Hambüchen hüllte sich sogleich in die deutsche Fahne und brüllte immer wieder lautstark Freudenschreie ins Publikum. „Ich bin einfach nur glücklich, dass alles geklappt hat, ich bin einfach sprachlos“, meinte Hambüchen.
Der deutsche Vorturner vervollkommnete vor 10 000 Zuschauern in der Olympic Arena seinen olympischen Medaillensatz nach Bronze in Peking und Silber in London. Insgesamt 27 Medaillen hat der Student der Sporthochschule Köln damit in seiner langen Laufbahn bei internationalen Meisterschaften der Senioren erreicht.
Gelassen klatschte er bei der Siegeehrung in die Hände und winkte seinen fahnenschwenkenden Fans auf der Tribüne zu.
Top-Favorit und London-Olympiasieger Epke Zonderland aus den Niederlanden riskierte zuviel und stürzte ebenso ab wie der Ukrainer Oleg Wernjajew. Hambüchen fand gleich die Zeit, die beiden Konkurrenten im Athletenbereich zu trösten.
Unaufgeregt registrierte der Hesse die Übungen seiner anderen Gegner: Silber ging an den US-Ameri- kaner Danell Leyva (15,50) vor dem Briten Nile Wilson (15,466).
Als Vorkampfbester war der 28-jährige Hambüchen in das Finale eingezogen, steigerte sich im TeamFinale und kam schließlich in der Stunde der Entscheidung trotz eines kleine Schritts nach der Landung zu seiner besten Note in Rio. „Das war brutal. Ich hatte nicht den absolut perfekten Stand zum Schluss und ich dachte, wenn das den Unterschied macht, dann hätte ich nur noch heulen können“, verriet Ham- büchen. Im Finale wurde er erstmals in Rio von seinem Vater betreut, der als „Personal Coach“eine Sondergenehmigung erhalten hatte. Sein Auftritt von exakt 45 Sekunden war der Schlusspunkt unter eine große Karriere. Mit fünf Jahren war Fabian erstmals unter den Fittichen seines Vaters an die Geräte gegangen, schon als Junior gehörte er zu den besten deutschen Turnern.
Sechsmal stand er bei Weltmeisterschaften im Reck-Finale und holte 2007 beim Heimspektakel in Stuttgart Gold. Dank sechs EM-Titeln und 40 nationalen Meisterschaften ist er der erfolgreichste deutsche Turner der Geschichte. «So kann man definitiv abtreten», befand Hambüchen.
Im Training und der WettkampfGestaltung ging er stets seinen eigenen Weg, setzte auf den „Hambüchen-Clan“mit dem Vater als Trainer, dem Onkel Bruno als Mentalcoach und Mutter Beate als Organisatorin. Ein Konzept, das sich bewährt hat. (dpa)