Mittelschwaebische Nachrichten
Georg Winkler gestorben
Georg Winkler ist im Alter von 79 Jahren gestorben. Sein Weg führte ihn über Augsburg, Dresden, Villach und München nach Krumbach, das er in seiner 31-jährigen Amtszeit geprägt hat
31 Jahre war er Krumbacher Bürgermeister. Nun ist Georg Winkler im Alter von 79 Jahren gestorben. Wir blicken zurück auf seine politische Leistung.
„Ich habe das Gefühl, dass er irgendwie immer unser Bürgermeister war.“Es ist die erste Reaktion eines Krumbachers, als er vom Tod Georg Winklers erfuhr. Natürlich war Winkler nicht „immer“Bürgermeister. Aber 31 Jahre in diesem Amt sind in der Tat eine außerordentlich lange Zeit. Nun ist Winkler nach schwerer Krankheit im Alter von 79 Jahren gestorben.
Bürgermeister und Winkler – diese beiden Worte schienen in 31 Jahren Amtszeit miteinander verschmolzen zu sein. Viele Krumbacher haben das Gefühl, irgendwie keinen anderen Bürgermeister erlebt zu haben als Georg Winkler. Seine markante Brille, dazu die äußerst kurzen Haare: Sein unverwechselbares Äußeres, das selbst über Jahrzehnte kaum zu altern schien, gab dem Amt des Bürgermeisters ein markantes Gesicht. In seiner jahrzehntelangen Amtszeit verkörperte er für viele den korrekten, pflichtbewussten Juristen und Verwaltungsfachmann. Doch wer Winkler näher kannte, erlebte auch ganz andere Seiten, seinen feinen Humor und den Menschen, der sich für Hobbys wie Motorradfahren, Bergwandern, die Modelleisenbahn und den Garten begeistern – und dabei viele enge Freunde gewinnen konnte.
Sein weißer VW-Käfer wurde zu einer Art Markenzeichen. Und das deutet auch an, dass ihm Allüren trotz seiner hohen Stellung stets eine fremde Welt geblieben sind. In 31 Jahren als Bürgermeister und in zahlreichen anderen Ehrenämtern war Winkler stets darum bemüht, sich nicht zu sehr vereinnahmen zu lassen und eine korrekte Distanz zu wahren – was in einer Kleinstadt bekanntlich nicht immer leicht ist. Und doch wurde Krumbach für ihn so etwas wie eine Herzensangelegenheit.
Darauf deutet in seinem Lebenslauf zunächst nichts hin. Er wurde am 16. Februar 1937 in Augsburg geboren. Sein Vater, ein hoher Bahnbeamter, stammte aus Memmingen, seine Mutter ist in Mindelheim aufgewachsen. Die Versetzungen des Vaters brachten es mit sich, dass die Familie Winkler (Georg Winkler hatte zwei ältere Schwestern) häufig den Wohnort wechseln musste. „Mein Vater wurde 1937, gleich nach meiner Geburt, nach Dresden versetzt“, erzählte Winkler vor einigen Jahren in einem Gespräch mit unserer Zeitung.
Dort blieb die Familie rund zwei Jahre. Nächste Station: Villach/ Kärnten. Nach dem sogenannten „Anschluss“gehörte das österreichische Kärnten damals zum Reichsgebiet. Dies hatte zur Folge, dass Winkler fünf Jahre seiner Kindheit, von 1939 bis 1944, in Österreich verbrachte. „Berge, Seen, schöne Ausflüge“fielen ihm ein, wenn er über Kärnten sprach. Doch Kärnten war für Winkler auch die Begegnung mit der schrecklichen Seite des Lebens: Jugoslawische Partisanen, Bombenangriffe, Zuflucht im Luftschutzbunker: Dem Bürgermeister fiel es auch Jahrzehnte nach dem Krieg schwer, die richtigen Worte zu finden, wenn er über diese Zeit sprach.
Versetzung nach München
Ende 1944 dann erneut eine Versetzung des Vaters: Die Familie Winkler kam nach München. In München ging er zur Schule, machte sein Abitur, studierte Jura. In München lernte er seine Frau Dietlind kennen, eine waschechte Münchnerin, mit der er seit 1964 verheiratet war (aus der Ehe gingen zwei Söhne sowie eine Tochter hervor). Auch nach Jahrzehnten in Krumbach war die oberbayerische Klangfärbung in Winklers Sprache unüberhörbar.
Winkler trat in die Staatsbauverwaltung ein, kam nach Kempten, es folgte Neu-Ulm, dann wieder Mün- chen, bis ihm 1967 die Leitung des Rechtsreferates des technischen Straßenbauamtes in Augsburg übertragen wurde. „Ich war viel in Schwaben unterwegs und kam dienstlich auch immer wieder nach Krumbach“, erinnerte sich Winkler. Sein Auftreten hinterließ offenbar Eindruck in Krumbach.
Einen solchen Eindruck, dass nach dem überraschenden Tod des damaligen Bürgermeisters Ludwig Mayer der Name Winkler ins Gespräch kam. Im Staatsanzeiger gab es gar eine Stellenausschreibung für die Bürgermeisterkandidatur in Krumbach.
Winkler bewarb sich und setzte sich klar gegen acht Konkurrenten durch. Der damals gerade 34-Jährige wurde schließlich Bürgermeisterkandidat aller Fraktionen, seiner Wahl ins Amt im August 1971 (mit 97,7 Prozent) stand damit nichts mehr im Wege. Er sollte noch fünf weitere Male bei Wahlen als Bürgermeister bestätigt werden.
Nach der Wahl galt es, die Folgen der heftig umstrittenen Gebietsreform zu meistern, durch die Krumbach seinen Status als Kreisstadt verlor. Die Eingemeindungen der heutigen Ortsteile Hohenraunau, Billenhausen, Edenhausen, Attenhausen und Niederraunau mussten mit diplomatischem Geschick über die Bühne gebracht werden. Eines der herausragenden Ereignisse in Winklers Amtszeit ist sicher der Bau des Schulzentrums Ende der Siebzigerjahre für rund 44 Millionen Mark.
Doch die Kammelstadt hatte auch mit ernst zu nehmenden wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Winkler hat wegen dieser Stagnation wiederholt Kritik einstecken müssen. Der Rathauschef wies dies zurück. Krumbach habe lange unter einer schlechten Verkehrsanbindung, einem schlechten Flächenangebot und der Tallage zu leiden gehabt. Initiativen von der Stadt zur Ansiedlung von Gewerbe habe es immer wieder gegeben, doch vieles sei vergeblich gewesen. Winkler erinnerte sich in einem MN-Gespräch an eine Episode aus den 80er-Jahren. „Drei Lego-Manager waren bei mir zu Gast, wir haben schon damals über den möglichen Bau eines Parks diskutiert. Doch die Lego-Vertreter sagten, Krumbach sei sehr weit weg von der Autobahn.“Aber an „guten Weichenstellungen fehlt es bei uns nicht“, betonte Winkler immer wieder.
Als Parteiloser hatte Winkler im Stadtrat keine Hausmacht. Auf die Unterstützung der Fraktionen CSU, UFWG und später der Jungen Wähler konnte Winkler aber in hohem Maße zählen. Nicht frei von Spannungen war das Verhältnis zur SPD.
Im Jahr 2002 kandidierte Winkler aus Altersgründen nicht mehr für das Amt des Bürgermeisters. „Es waren erfüllte, gute Jahre. Aber irgendwann ist es auch Zeit, sich mit Gelassenheit aus der Kommunalpolitik zurückzuziehen“, blickte er damals zurück. Winkler kandidierte auch nicht mehr für den Kreistag.
Doch weit über seine Amtszeit als Bürgermeister hinaus blieb Winkler in vielen Ehrenämtern tätig. Beispielsweise als Kreisvorsitzender des BRK oder auch als Vorsitzender des Verbandes Mittelschwäbischer Kraftfahrzeuglinien (VMK). 2012 wurde Winkler mit der höchsten Auszeichnung, die die Stadt Krumbach zu vergeben hat, geehrt: der Goldenen Bürgermedaille. Bürgermeister Hubert Fischer würdigte gegenüber unserer Zeitung, dass Winkler auch nach dem Ende seiner Zeit als Bürgermeister auf eine so vielfältige Weise ehrenamtlich tätig war. „Ich habe mich mit ihm immer wieder intensiv ausgetauscht“, sagt Fischer. Winkler wohnte nach dem Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt weiterhin in Krumbach. Sein Tod führt aber nun in die Stadt zurück, die ihn in den frühen Jahren entscheidend geprägt hat. In München wird er im engsten Familienkreis beigesetzt.
Der Gedenkgottesdienst findet am Freitag, 19. August, um 18 Uhr in der Kirche St. Michael in Krumbach statt (Rosenkranz um 17.30 Uhr).