Mittelschwaebische Nachrichten

Bundesbank fordert Abbau des „Soli“

Weil die deutsche Wirtschaft wieder an Fahrt aufnimmt, regen Experten an, die gute Kassenlage zu nutzen – um Unternehme­n und Arbeitnehm­er zu entlasten

-

Frankfurt/Main Der Wirtschaft­saufschwun­g in Deutschlan­d ist nach Einschätzu­ng der Bundesbank trotz der Delle im Frühjahr intakt. Die Stimmung in der Industrie habe sich insgesamt spürbar verbessert, heißt es im Monatsberi­cht der Notenbank. Das Brexit-Votum in Großbritan­nien habe sie nur geringfügi­g eingetrübt. Getragen werden dürfte das Wachstum im dritten Quartal vom Privatkons­um. Zudem wird der Export nach Einschätzu­ng der Experten solide wachsen, die Industriep­roduktion sollte anziehen.

Im Frühjahr hatte die deutsche Wirtschaft etwas an Tempo verloren. Das Bruttoinla­ndsprodukt stieg wie berichtet im zweiten Quartal gegenüber dem kräftigen Jahresanfa­ng nach einer ersten Schätzung um 0,4 Prozent. Im ersten Vierteljah­r waren es noch 0,7 Prozent. Zu Jahresanfa­ng hatte der milde Winter die Baubranche beflügelt, dieser Effekt entfiel von April bis Juni. Die Bundesbank erwartet, dass die Bauinvesti­tionen nun wieder anziehen.

Die wirtschaft­lichen Folgen des Neins der Briten zu Europa werden sich nach Einschätzu­ng der Notenbank für Deutschlan­d „zumindest in kurzer Frist wohl in engen Grenzen halten“. Auch für die globale Konjunktur sei ein schwächere­s Wachstum der britischen Wirtschaft allein keine wesentlich­e Gefahr.

Die öffentlich­en Kassen werden den Experten zufolge von der robusten Konjunktur und der guten Lage auf dem Arbeitsmar­kt profitiere­n. Steuern und Sozialbeit­räge füllen die Staatskass­e. Durch die Niedrigzin­sen wird es für den Staat zudem günstiger, langfristi­g Schulden aufzunehme­n. Die Bundesbank rechnet mit einem staatliche­n Überschuss auch in diesem Jahr und einer sinkenden Schuldenqu­ote.

Allerdings dürfte der Überschuss der Notenbank zufolge im Vergleich zum Vorjahr sinken – unter anderem wegen steigender Aufwendung­en für die Unterbring­ung und Integratio­n hunderttau­sender Flüchtling­e. Zudem seien Ausgaben etwa für Wohngeld, Infrastruk­tur und Kinderbetr­euung ausgeweite­t worden. Aus Sicht der Bundesbank sollte die gute Kassenlage auch zur Senkung von Abgaben genutzt werden. „So könnte beispielsw­eise für die Bundesagen­tur für Arbeit erwogen werden, den Beitragssa­tz zurückzune­hmen“. Sinkende Beiträge entlasten Arbeitnehm­er und Unternehme­n, das kann die Konjunktur anschieben. „Zu denken wäre ferner an den Abbau des Solidaritä­tszuschlag­s“, heißt es im Bericht. Die Zukunft des „Soli“, der nach der Deutschen Einheit eingeführt wurde, ist seit geraumer Zeit in der Diskussion. (dpa)

»Leitartike­l

 ?? Foto: Sebastian Gollnow, dpa ?? Der private Konsum ist der größte Motor des Wirtschaft­swachstums. Die Lage auf dem Arbeitsmar­kt ist gut, viele Deutsche haben mehr Geld, das sie ausgeben können.
Foto: Sebastian Gollnow, dpa Der private Konsum ist der größte Motor des Wirtschaft­swachstums. Die Lage auf dem Arbeitsmar­kt ist gut, viele Deutsche haben mehr Geld, das sie ausgeben können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany