Mittelschwaebische Nachrichten
Die Falle der Ermittler
Wie die Polizei den mutmaßlichen Verkäufer der Amok-Waffe bei einem Scheingeschäft überführt hat
München Mit einem fingierten Waffengeschäft haben Ermittler den mutmaßlichen Lieferanten der Amok-Pistole von München überführt. Der 31-Jährige wurde am Dienstag in der Nähe des Marburger Busbahnhofs von einer Spezialeinheit des Zollkriminalamts auf frischer Tat ertappt. Sie nahmen auch dessen Lebensgefährtin fest, die die Waffen ausgeliefert haben soll.
Wie lief die Festnahme ab?
Die Ermittler stellten dem verdächtigen Waffenhändler eine Falle und überführten den 31-Jährigen bei dem Scheingeschäft. Dabei stellten sie die vereinbarte Maschinenpistole, eine Pistole und Munition zum Preis von insgesamt 8000 Euro sicher. Der Mann hatte in einem Schulterholster eine geladene Pistole bei sich. Er wurde festgenommen und sollte am Mittwoch dem Haftrichter vorgeführt werden.
Woher wissen die Ermittler, dass der Verdächtige die Amok-Waffe verkauft hat?
Bei der Anbahnung des fingierten Geschäfts hatte der Mann gesagt, dem Amokschützen die verwendete Pistole und die Munition bei zwei Treffen verkauft zu haben. Am 20. Mai war der Amokschütze den Ermittlungen zufolge mit einem Reisebus nach Marburg gefahren und hatte die Waffe von dem 31-Jährigen gekauft. Vier Tage vor dem Amoklauf fuhr der 18-Jährige erneut nach Marburg und kaufte die Munition: 350 Schuss. Die Angaben des Beschuldigten decken sich mit den Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt zu Fahrtnachweisen und Chatverläufen.
Wie sind die Ermittler dem Waffenhändler auf die Spur gekommen?
Ermittlungen gegen einen 17 Jahre alten Schüler aus Nordhessen und einen 62 Jahre alten Buchhalter aus Nordrhein-Westfalen hatten die Strafverfolger auf die Spur des mutmaßlichen Waffenhändlers gebracht. Der Jugendliche und der Mann sollen Schusswaffen und Munition bei dem Waffenhändler erworben und die Geschäfte über das Darknet angebahnt haben. Bei dem fingierten Geschäft nutzten die Ermittler den Kontakt des Waffenhändlers zu dem Buchhalter.
Wie haben der Waffenhändler und die Käufer Kontakt aufgenommen?
Die Geschäfte und Treffen sollen über einschlägige Internetforen im Darknet zustande gekommen sein. In dem verborgenen Teil des Internets nutzten sie das Verschlüsselungsprotokoll „Bitmessage“. Dabei ist nur der Adressat in der Lage, die Nachricht zu entschlüsseln. Der Zugang zum Darknet ist nur über eine Anonymisierungssoftware möglich. Die bekannteste ist die kostenlose Software „Tor“.
Wie weit sind die Ermittlungen?
Die Ermittler gehen mehr als 3100 Hinweisen und Spuren nach und werten Chatprotokolle aus. Die Identifizierung aller Chatpartner ist noch nicht abgeschlossen. (dpa)