Mittelschwaebische Nachrichten

Wie ein Haus ein Dorf beleben soll

Rögling liegt am Rand des Landkreise­s Donau-Ries. Um den Ort für junge Menschen attraktiv zu halten, kämpfte die Bürgermeis­terin für den Bau eines Gemeinscha­ftshauses. Mit Erfolg. Die Frage ist: Nutzt das was?

- VON CHRISTINA HELLER

Rögling Je nachdem, wie man es sieht, liegt Rögling entweder sehr zentral oder sehr abgeschied­en. Der 700-Einwohner-Ort im Landkreis Donau-Ries befindet sich im DreiRegion­en-Eck Schwaben – Franken – Oberbayern. Idyllisch ist es dort zwischen Hügeln, Feldern und Wäldern. In jede Richtung dauert es eine gute halbe Stunde bis zur nächsten größeren Stadt. Im Norden kommt Treuchtlin­gen, im Osten liegen Eichstätt und Neuburg, im Süden Donauwörth und im Westen Nördlingen. „Wenn man nicht zu uns will, kommt man hier nicht hin“, sagt Maria Mittl. Sie ist seit 2008 Bürgermeis­terin der Gemeinde. Wie viele Orte, hatte auch Rögling damit zu kämpfen, dass die Jungen weggehen, in Städte, wo die Infrastruk­tur besser ist und es Arbeit gibt. Das wollten die Einwohner nicht einfach so hinnehmen und handelten – mit Erfolg. Lebten um die Jahrtausen­dwende noch 700 Menschen in Rögling, sank die Einwohnerz­ahl bis vor ein paar Jahren auf 650. Inzwischen ist sie wieder auf 700 gestiegen. Das hat viel mit der Dorferneue­rung zu tun, die Mittl vorantrieb.

Als sie 1980 nach ihrer Hochzeit in das Dorf zog, gab es dort noch eine eigene Schule, eine Bank, eine Post und ein Gardinenge­schäft, erzählt Mittl. Heute gibt es ein Autohaus und den Dorfladen. Er löste als Teil der Dorferneue­rung einen Tante-Emma-Laden im Ort ab, der schloss. Auch die Hauptstraß­e wurde neu gestaltet, der Kirchvorpl­atz umgebaut. Der Höhepunkt war der Neubau eines Dorfgemein­schaftshau­ses, das Nadlerhaus. Der Name spielt auf die Vergangenh­eit der Ge- als europäisch­es Zentrum der Nadelmache­r im 17. Jahrhunder­t an. Knapp 2,3 Millionen Euro hat der Neubau gekostet. Etwa ein Drittel finanziert­e die Gemeinde durch Fördermitt­el und Zuschüsse, den Rest zahlte sie selbst. Nun gibt es einen großen Veranstalt­ungssaal mit Bühne und moderner Technik, der sich auch in zwei kleinere Räume zerteilen und bewirten lässt. Außerdem kommt vier Mal die Woche ein Wirt und betreibt die integriert­e Gaststätte. Bei guten Wetter kann man draußen sitzen. Im Obergescho­ss trifft sich die Krabbelgru­ppe. Ein weiterer Raum bietet Platz für Ausstellun­gen.

Das Projekt war umstritten, auch wegen der Kosten. Vor allem der örtliche Wirt war dagegen, weil er es als Konkurrenz sah. Viele Röglinger fanden, die Räume seien überflüssi­g, das Schützenhe­im und das Ju- gendzentru­m böten genug Möglichkei­ten, um zusammenzu­kommen. Schließlic­h gab es einen Bürgerents­cheid. 54 Prozent der Röglinger stimmten für den Neubau.

Anton Böswald war von Anfang an vom Konzept des Nadlerhaus­es überzeugt. Er leitet die Musikkapel­le in Rögling. „Das Schützenhe­im war für unsere Konzerte zu klein. Wir mussten immer im Nachbarort Blossenau auftreten“, erzählt er. Nun könnten die Musikanten wieder in ihrer Heimat spielen.

Der 62-Jährige ist ein Röglinger durch und durch. Er wurde dort geboren, sein ehemaliges Elternhaus steht nicht unweit vom heutigen Nadlerhaus. Mit 18 Jahren entschloss er sich, in der Gemeinde zu bauen. Wegzuziehe­n, konnte er sich nicht vorstellen. Er weiß aber, dass das nicht immer so ist. „Wir brauchen ein Konzept, um die Jugendlime­inde chen im Dorf zu halten. Sie sind unsere Zukunft“, findet Böswald.

Das Gemeinscha­ftshaus ist ein Baustein, ein anderer ist der Dorfladen. Vor fünf Jahren hat er eröffnet, damit die Menschen eine Möglichkei­t haben, vor Ort einzukaufe­n, erzählt Geschäftsf­ührerin Marion Dopfer. Der Laden sei ein Treffpunkt, ein Ort, um sich auszutausc­hen. „Viele kommen und fragen nach Neuigkeite­n aus dem Ort“, sagt sie. Auch Böswald kauft fast alle seine Lebensmitt­el dort ein. „Man trifft sich sonst ja fast nicht auf der Straße“, sagt er. Das Nadlerhaus und der Dorfladen brächten Leben ins Dorf. „Zuzug werden wir davon keinen bekommen. Aber die Jungen können bleiben“, sagt er. Dass sie das tun, belegen auch die Zahlen im Kindergart­en. „2008 hatten wir dort zwölf Kinder, heute sind es 24“, sagt Bürgermeis­terin Mittl.

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Foto: Ulrich Wagner Das Nadlerhaus war der Abschluss der Dorferneue­rung in Rögling. Die Einwohner sollten einen neuen Treffpunkt bekommen. Dafür hat Bürgermeis­terin Maria Mittl gekämpft, denn der Neubau war umstritten. Sie konnte sich durchsetze­n. Seit vergangene­m Herbst...
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