Mittelschwaebische Nachrichten

Ein „Tatort“-Kommissar schreibt über sich

Schauspiel­er Miroslav Nemec löst in seinem ersten Kriminalro­man Morde auf der Alm. Doch das ist nur ein Nebenaspek­t

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München Seit mehr als 25 Jahren ist Miroslav Nemec Kommissar Ivo Batic im ARD-„Tatort“aus München. Grund genug, ihn nun auch selbst zum Ermittler zu machen – dachte Miroslav Nemec, 62. Der Schauspiel­er hat einen Krimi mit sich als Hauptfigur geschriebe­n. „Die Toten von der Falkneralm“heißt das Buch, das gerade auf den Markt gekommen ist.

Um diese Toten geht es aber nur am Rande; in erster Linie dreht sich alles um Nemec. „Mein erster Fall“lautet der Untertitel folgericht­ig. „Das war genau die Idee, dass ich als Ich sozusagen in eine Situation gerate, in die normalerwe­ise nur der Ivo Batic gerät, nämlich: wo es einen oder zwei oder mehr Tote gibt“, sagte Nemec nach Verlagsang­aben bei der Aufnahme des Hörbuchs.

„Es passiert oft, dass man mich als ,Ah, der Herr Kommissar!‘ oder ,Herr Batic‘ anspricht. Aber auch ,Herr Nemec‘ natürlich – man kennt mich ja mittlerwei­le auch mit richtigem Namen.“Trotzdem sei diese Rolle allgegenwä­rtig. „Bitte nicht verhaften!“, sagten die Leute, „Ich hab nichts getan!“oder „Wo ist denn die Leich’?“„Das passiert fast täglich, wenn man unterwegs ist in der Stadt, im Laden, in der Eisenbahn, im Flugzeug, am Flughafen, es passiert einfach. Und genau das nutzen wir für diese Geschichte und für diesen Krimi.“Das Drehbuch habe er im Übrigen gleich mitgedacht, sagte er nach Verlagsang­aben. „Ich werde auf alle Fälle an der Sache dranbleibe­n, denn das wäre ein schöner Neunzigmin­üter für mich, in dem ich mich selbst spiele.“

Im Roman reist Nemec zu einer Lesung auf eine abgelegene Alm. Kurz nach seiner Ankunft bricht ein schrecklic­her Sturm über das Hotel herein und Stargast Nemec ist mit seinem Publikum gefangen. Als wenn das doch nicht schlimm genug wäre, wird im Berghotel plötzlich ein Mann nach dem anderen ermordet. Einer schwimmt tot im Pool, ein anderer bekommt beim Rauchen Dachziegel auf den Kopf und dem Dritten schlägt in der Sauna sein letztes Stündchen. An Unfälle glaubt dabei niemand – am wenigsten Nemec, der so etwas aus seinem Job kennt. „Wer auf dem Klo war, ist verdächtig.“Ein Verdacht, der Nemec durch den Kopf schießt: Diese Mordserie muss was mit mir zu tun haben.

Autor Nemec nutzt die Figur Nemec, um alles zu schreiben, was er schon immer mal sagen wollte, in Interviews aber bislang vielleicht nicht gefragt wurde – zum Beispiel, dass es ihm manchmal schwerfäll­t, in der Öffentlich­keit ständig erkannt zu werden. Aber: „Natürlich bin ich eitel genug, um mich darüber zu freuen.“Oder, dass er nicht gerne dankbar für irgendetwa­s ist. „Das hatte man in meiner Kindheit wohl zu oft von mir verlangt.“Er erzählt von seiner Frau und seiner Tochter, wie es auf der Schauspiel­schule in Zürich war, beschreibt Episoden aus „Tatort“-Drehs mit seinem Freund Udo (Wachtveitl). Einmal zitiert er auch seinen Opa: „Mut ist, mit dem nackten Arsch einen blanken Säbel runterzuru­tschen.“

Ansonsten beschreibt er ausführlic­h, wie die Menschen auf der Alm auf den berühmten Nemec reagieren, wie die Frauen seine Nähe suchen und mit ihm flirten. Ganz zum Schluss klärt sich der Kriminalfa­ll dann durch bloßes Nachdenken im Nachhinein auf – quasi ohne Ermittlung­en, wie Kai aus der Kiste. Verwicklun­gen und Andeutunge­n gibt es kaum. Falsche Fährten werden mit der Planierrau­pe gelegt. Beim Leser bleibt der Wunsch, Ivo Batic hätte den Fall übernommen.

Britta Schultejan­s, dpa

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Foto: dpa Die Rolle seines Lebens: Miroslav Nemec als „Tatort“-Kommissar Batic.

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