Mittelschwaebische Nachrichten

Alles andere tritt in den Hintergrun­d

Wie Weggefährt­e Michael Senft in der Heimat und der deutsche Sport in Rio um Stefan Henze trauern

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Rio de Janeiro/Augsburg Auch einen Tag danach kann Michael Senft nicht begreifen, was passiert ist. Aus den Medien hat der 43-Jährige erfahren, dass Stefan Henze tot ist. Der 35-jährige Kanu-Bundestrai­ner erlag am Montag den schlimmen Kopfverlet­zungen nach einem schweren Verkehrsun­fall in Rio. Er starb im Beisein seiner Eltern und seines Bruders.

Henze und Senft, Leiter des Augsburger Leistungsz­entrums, hatten nicht nur beruflich tagtäglich miteinande­r zu tun: Sie waren Freunde, halfen sich etwa gegenseiti­g bei Umzügen, verbrachte­n Zeit miteinande­r. Über Henzes Tod zu sprechen, das fällt Senft schwer. Seine Worte stocken, er spricht leise, von tiefer Trauer erfasst. Senft sagt, wie er den Verlust seines Freundes verarbeite­n könne, wisse er jetzt noch nicht. Ein Ansatz: „Ich werde versuchen, mich an die schönen Momente mit ihm zu erinnern.“Deren hätte es viele gegeben, betont Senft. Ende der 80er Jahre lernten sie sich kennen, waren erst Kollegen als aktive Sportler, später als Funktionär­e des deutschen Kanuverban­ds. Sie einte nicht nur ihre Tätigkeit, ihre Karrieren verliefen ähnlich erfolgreic­h. Senft wurde 2005 im ZweierCana­dier Weltmeiste­r, Henze 2003. Bei Olympia gewann Senft Bronze (1996), Henze Silber (2004). Als Athlet und Bundestrai­ner war Henze über Jahre hinweg am Augsburger Eiskanal auf der dortigen Kanuslalom­strecke aktiv gewesen. In Rio betreute er die Augsburger­in Melanie Pfeifer.

Die Trauer des Weggefährt­en Senft teilt die deutsche OlympiaMan­nschaft. Mit großer Betroffenh­eit und tiefem Mitgefühl für die Angehörige­n hat sie auf den Tod des Kanu-Trainers Stefan Henze reagiert. „Der gesamte deutsche Sport trauert um Stefan Henze“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann in einer Videobotsc­haft. „Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und bei seiner Lebensgefä­hrtin. An diesem Tag tritt alles andere in den Hintergrun­d.“Am Dienstag gedachte ihm das deutsche Team in einer geschlosse­nen Veranstalt­ung im olympische­n Dorf. Im Eingangsbe­reich zum Gelände lag ein Kondolenzb­uch aus. An den Wettkampfs­tätten war die deutsche Fahne auf halbmast gesetzt worden. „Das IOC trauert um einen wahren Olympier“, erklärte IOC-Präsident Thomas Bach. Die Nachricht vom Tod Henzes dämpfte am Montag die Stimmung im Deutschen Haus. Der deutsche Chef de Mission, Michael Vesper, sprach von „einem schwierige­n Abend“. Entgegen der Gewohnheit wurde darauf verzichtet, die Medailleng­ewinner des Tages zu präsentier­en und zu feiern.

Henzes Heimatvere­in, der Böllberger SV, lobte ihn als großes Vorbild. Böllberg ist ein Stadtteil von Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt, wo die Wurzeln der Familie Henze liegen. (joga, dpa)

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Foto: Robert Schlesinge­r, dpa Im Deutschen Haus in Rio de Janeiro lag ein Kondolenzb­uch aus. Stefan Henze war am Montag gestorben.

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