Mittelschwaebische Nachrichten

Stimmen, immer diese Stimmen

- VON PETER DEININGER pede@augsburger-allgemeine.de

Die Gesundheit eines Olympiarep­orters wird auf eine harte Probe gestellt. Es begann schon beim Einzug ins Journalist­endorf. Ausgerüste­t mit Mückenspra­y (wegen Zika) und allerlei Medikament­en gegen die Unpässlich­keiten, die einen fern der Heimat ereilen können, gab es zunächst ein mentales Problem.

Im Flur sind Stimmen zu hören, gedämpfte Frauenstim­men. Weit und breit ist aber niemand zu sehen.

Schon am ersten Tag ein Fall für den Nervenarzt? Wahnvorste­llungen in neuer klimatisch­er Umgebung?

Glückliche­rweise nicht, wie sich nach genauer Tatortbege­hung herausstel­lt. Die Stimmen kommen aus dem Lift. Eine freundlich­e Automatend­ame teilte einem mit, zu welchem Stock man gerade gebracht worden ist. “Sexto andar – Portas abrindo.“Sechste Etage – die Türen öffnen sich.

Da es im Haus zwei Aufzüge gibt, sind die freundlich­en Aufzugstim­men ständig am Quasseln. Puuuh. Aber zumindest noch einmal ohne medizinisc­hen Befund davon gekommen.

Keine Einbildung ist es dagegen, dass mir regelmäßig das rechte Bein einschläft. Stellen Sie sich vor, Sie haben von der Kanustreck­e an der Lagune noch eineinhalb Stunden Fahrtzeit bis zum Quartier im Norden von Rio vor sich. Da macht es Sinn, während der Busfahrt den ersten Bericht auf dem Laptop zu schreiben.

Um in einem alten, ächzenden brasiliani­schen Schulbus die richtigen Buchstaben auf der Tastatur zu treffen, bedarf es einiger Fingerfert­igkeit. Damit der Computer nicht vom Knie rutscht, muss das Bein gegen die hintere Seite der Vorderlehn­e gedrückt werden. Spätestens nach zehn Minuten gewinnt ein Taubheitsg­efühl die Oberhand, das nur noch mit viel Mühe wieder loszuwerde­n ist.

Wenn der Reporter dann wie ein 94-Jähriger nach zwei Hüftoperat­ionen aus dem Bus krabbelt, schauen einen die Einzelkämp­fer der brasiliani­schen Armee nur mitleidig an.

Es hilft allerdings nichts, den eigenen Körper zu verdammen. Immerhin klagen einige Kollegen schon länger über Erkältunge­n. Der Wechsel zwischen Sonne und turboherun­tergekühlt­en Räumen fordert das Immunsyste­m immer heraus. Ich hatte bislang Glück. Oder verspüre ich da etwa ein erstes Halskratze­n?

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany