Mittelschwaebische Nachrichten
Stimmen, immer diese Stimmen
Die Gesundheit eines Olympiareporters wird auf eine harte Probe gestellt. Es begann schon beim Einzug ins Journalistendorf. Ausgerüstet mit Mückenspray (wegen Zika) und allerlei Medikamenten gegen die Unpässlichkeiten, die einen fern der Heimat ereilen können, gab es zunächst ein mentales Problem.
Im Flur sind Stimmen zu hören, gedämpfte Frauenstimmen. Weit und breit ist aber niemand zu sehen.
Schon am ersten Tag ein Fall für den Nervenarzt? Wahnvorstellungen in neuer klimatischer Umgebung?
Glücklicherweise nicht, wie sich nach genauer Tatortbegehung herausstellt. Die Stimmen kommen aus dem Lift. Eine freundliche Automatendame teilte einem mit, zu welchem Stock man gerade gebracht worden ist. “Sexto andar – Portas abrindo.“Sechste Etage – die Türen öffnen sich.
Da es im Haus zwei Aufzüge gibt, sind die freundlichen Aufzugstimmen ständig am Quasseln. Puuuh. Aber zumindest noch einmal ohne medizinischen Befund davon gekommen.
Keine Einbildung ist es dagegen, dass mir regelmäßig das rechte Bein einschläft. Stellen Sie sich vor, Sie haben von der Kanustrecke an der Lagune noch eineinhalb Stunden Fahrtzeit bis zum Quartier im Norden von Rio vor sich. Da macht es Sinn, während der Busfahrt den ersten Bericht auf dem Laptop zu schreiben.
Um in einem alten, ächzenden brasilianischen Schulbus die richtigen Buchstaben auf der Tastatur zu treffen, bedarf es einiger Fingerfertigkeit. Damit der Computer nicht vom Knie rutscht, muss das Bein gegen die hintere Seite der Vorderlehne gedrückt werden. Spätestens nach zehn Minuten gewinnt ein Taubheitsgefühl die Oberhand, das nur noch mit viel Mühe wieder loszuwerden ist.
Wenn der Reporter dann wie ein 94-Jähriger nach zwei Hüftoperationen aus dem Bus krabbelt, schauen einen die Einzelkämpfer der brasilianischen Armee nur mitleidig an.
Es hilft allerdings nichts, den eigenen Körper zu verdammen. Immerhin klagen einige Kollegen schon länger über Erkältungen. Der Wechsel zwischen Sonne und turboheruntergekühlten Räumen fordert das Immunsystem immer heraus. Ich hatte bislang Glück. Oder verspüre ich da etwa ein erstes Halskratzen?