Mittelschwaebische Nachrichten

Rumkrebsen in Rettenbach

Warum ein Kripo-Beamter im Nebenberuf edles Schalenget­ier züchtet

- VON RONALD HINZPETER

Landkreis Die Hunde machen einen Mordskrach und sehen beeindruck­end aus. Denen möchte man nicht ungeschütz­t begegnen, denn die wollen ganz bestimmt nicht nur spielen. Sollen sie auch nicht, denn sie bewachen ein Gelände, das es so in ganz Schwaben nicht mehr gibt: die Edelkrebsz­ucht von Claus Hambrecht bei Rettenbach. Der Mann kennt sich aus mit Sicherheit­sthemen, denn im Hauptberuf ist er Kripobeamt­er.

Dass er nebenher ein solch ungewöhnli­ches Geschäft betreibt, kommt nicht von ungefähr, denn Claus Habrecht hat sich schon immer für die Natur interessie­rt, vor allem für die Tierwelt des Wassers, wie er sagt. Deshalb steht er schon seit fast drei Jahrzehnte­n dem Fischereiv­erein Unterelchi­ngen vor. Als er 2008 die Möglichkei­t bekam, Zuchtanlag­e zu übernehmen, griff er zu. Aufgebaut hatte sie einst Karl Schwarzenb­ach, der gut vier Jahrzehnte lang das Gelände am Waldrand umtrieb und immer wieder erweiterte. Bis er sich aus Altersgrün­den zurückzieh­en musste.

Acht bis zehn Quellen speisen die fünf Teiche, in denen ungezählte Edelkrebse – Hambrecht geht von mindestens 100 000 Exemplaren aus – krabbeln und schwimmen. Dieser direkte Zufluss aus dem Boden ist eine Art Lebensvers­icherung für die Tiere, denn dadurch tendiert die Gefahr, dass sie der gefürchtet­en Krebspest zum Opfer fallen, gegen Null. Diese Krankheit hat die Edelkrebse in heimischen Gewässern massiv dezimiert. Vor rund 150 Jahren war sie aus Nordamerik­a nach Europa eingeschle­ppt worden und wirkte sich sofort verheerend auf die Bestände aus. Auch heute noch kann sie die Krebspopul­ation eines Ge- in nur drei Monaten vollständi­g vernichten. Unter anderem deshalb befinden sich die Tiere auf der Roten Lise der bedrohten Arten. Dank einer verbessert­en Gewässerqu­alität und der Arbeit von Krebszücht­ern wie Claus Hambrecht ist es gelungen, die Bestände wieder etwas zu vergrößern. Denn seine Tiere landen mitnichten überwiegen­d im Kochtopf – die meisten werden schlicht ausgesetzt, „damit sie sich wieder verbreiten“, erklärt Hambrecht. Seine Kunden reisen aus ganz Süddeutsch­land an, aber auch aus der Schweiz, Österreich oder Italien. Sie lassen die Krebse in Flüssen und Seen frei, aber auch in den Teichen von Golfplätze­n finden sie zuweilen ein neues Zuhause.

Doch natürlich kauft auch die Gourmet-Fraktion in Rettenbach ein. So schwärmte das WDR-Fernsehkoc­hduo „Martina und Moritz“erst vor Kurzem nach einem Eindie kaufstrip zu Claus Hambrecht, die Krebse seien wieder wundervoll gewesen: „Herrlicher Geschmack, festes Fleisch, so schön groß!“Solche Qualität hat natürlich ihren Preis. Es dauert gut fünf Jahre, bis die Tiere ausgewachs­en und somit küchenfert­ig sind. Unter 50 Euro ist das Kilo nicht zu haben. In München wird die achtbeinig­e Delikatess­e für rund 80 Euro gehandelt. Schon im Mittelalte­r kamen die gepanzerte­n Gesellen auf die Tische von Adelshäuse­rn und Klöstern. Es muss sie damals in für uns heute unvorstell­baren Mengen gegeben haben, heißt es in einer Informatio­nsbroschür­e des Landesfisc­hereiverba­ndes Bayern. Doch dann breitete sich die Krebspest in Bayerns Gewässern aus, wo über viele Jahrtausen­de Edelkrebs und Steinkrebs heimisch waren. Heute leben noch einige eingewande­rte Arten im Freistaat, die zusätzlich die angestammt­en Gewässerbe­wohwässers ner unter Druck setzen. Was ist so fasziniere­nd an den Tieren? „Dass sie so urtümlich sind“, findet Hambrecht. Krebse gehören immerhin zu den ältesten Lebewesen der Erde. Diese gelte es zu erhalten, weshalb der Züchter auch immer wieder davon spricht, dass es ihm bei seiner Arbeit um Nachhaltig­keit gehe. Er befindet sich bei seinem Tun in einer gewissen komfortabl­en Lage, denn er muss nicht allein vom Ertrag seiner Teiche leben, schließlic­h ist er ja im Hauptberuf Polizist. Die Pflege des Geländes und der Unterhalt der Teiche sei doch recht aufwendig, denn sie sind mittlerwei­le etwas in die Jahre gekommen. Deshalb sagt Hambrecht, sei schon eine gewisse Leidenscha­ft nötig, um so etwas zu betreiben. Und eine ausgeprägt­e Duldsamkei­t gegenüber Mücken, die jeden Aufenthalt auf dem Gelände zum Blutspende­termin machen.

 ?? Fotos: Bernhard Weizenegge­r ?? Das haben die Edelkrebse gar nicht gerne, wenn sie aus dem Wasser gehoben werden, dann spreizen sie ihre scharfen Scheren. Claus Hambrecht, hier mit einer Reuse, ist einer der ganz wenigen Züchter, die sich auf die urtümliche­n Tiere spezialisi­ert haben.
Fotos: Bernhard Weizenegge­r Das haben die Edelkrebse gar nicht gerne, wenn sie aus dem Wasser gehoben werden, dann spreizen sie ihre scharfen Scheren. Claus Hambrecht, hier mit einer Reuse, ist einer der ganz wenigen Züchter, die sich auf die urtümliche­n Tiere spezialisi­ert haben.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany