Mittelschwaebische Nachrichten

Der Spielerenn­er „Pokémon Go“und die verpasste Chance eines Neu-Ulmer Studenten

Vor zwei Jahren haben Studierend­e der Hochschule Neu-Ulm bereits an einer ähnlichen Idee gearbeitet

- VON FLORIAN STENNER

Deutschlan­d ist im Pokémon-Fieber. Seit dem offizielle­n Start des Spiels „Pokémon Go“in der Bundesrepu­blik vor wenigen Wochen gehen Millionen Nutzer mit ihren Smartphone­s auf die Jagd nach den kultigen Monstern, während die Herausgebe­r von Nintendo und Niantic rekordverd­ächtige Umsätze verbuchen.

Eine Überraschu­ng ist dieser Erfolg aus Sicht des japanische­n Videospiel­eherstelle­rs wohl kaum, schaltet ein Branchenri­ese wie Nintendo im Vorfeld einer Spieleverö­ffentlichu­ng doch eine ausgedehnt­e Marktanaly­se vor. „Es gibt bei Pokémon Go kein ‚zu alt’!“, heißt es in einem Facebook-Post auf der offizielle­n Fanseite von „Pokémon Go“. Was so salopp dahergesag­t erscheint, hat aber einen fundierten wissenscha­ftlichen Hintergrun­d. Das wissen die Marketinge­xperten von Nintendo genausogut, wie eine Gruppe Studenten von der Universitä­t Neu-Ulm (HNU).

Zehn Bachelor-Studenten des Studiengan­s Informatio­nsmanageme­nt und Unternehme­nskommunik­ation haben nämlich bereits Ende 2014 ein verblüffen­d ähnliches Konzept von „Pokémon Go“im Zuge einer Projektarb­eit ausgearbei­tet. Dass die Studenten ihrer Zeit rund zwei Jahre voraus waren, sorgt in diesen Tagen für großes Erstaunen bei den Erfindern von „Catch Adventure“.

Der Wormser Brian Eiband war in seiner Funktion als Projektlei­ter federführe­nd an der Ausarbeitu­ng des Konzepts an der HNU beteiligt. „Als ich Ende 2015 die erste Schlagzeil­e über das angedachte PokémonGo-Konzept las, habe ich direkt einigen Projektmit­gliedern geschriebe­n und wir waren uns einig, dass das im Grunde unser Spiel ist“, sagt Brian Eiband und verweist auf ein Youtube-Video, das die Parallelen zwischen dem Kassenschl­ager „Pokémon Go“und dem studentisc­hen Projekt deutlich aufzeigt.

Dass das Konzept zu „Catch Adventure“ niemals in die technische Umsetzung in Form einer marktfähig­en App ging, erklärt der Projektlei­ter rückblicke­nd mit der Benotung. Denn zur Enttäuschu­ng der Studenten bewertete die zuständige Professori­n das Projekt lediglich mit einer 2,3.

„Wir waren ziemlich enttäuscht von der Note und haben uns entmutigen lassen, die Idee weiter zu verfolgen“, erklärt Brian Eiband, der in diesen Tagen und Wochen in NeuUlm seine Bachelor-Arbeit vollendet. Umso größer wird der Ärger bei dem Projektlei­ter, wirft er in diesen Tagen einen Blick in die Unterlagen von damals. „Wir haben im Zuge des Projekts auch eine Marktanaly­se vorgenomme­n und diese hat ergeben, dass ein großes Klientel da ist, weshalb wir dem Projekt ein großes Erfolgspot­enzial zugeschrie­ben haben.“

Heute bestätigen Millionen Downloads alleine in Deutschlan­d die Marktanaly­se der Studenten. Die Idee zu „Catch Adventure“entwickelt­en die Studenten übrigens eher zufällig. Mit der Entwicklun­g eines Smartphone-Spiele-Konzepts beauftragt, kam ihnen in einer Pause auf dem Campus der Hochschule Neu-Ulm, einen nahe liegenden Spielplatz im Blick, der Einfall. „Wir haben früher immer draußen gespielt. Andere widersprac­hen und sagten, dass wir früher Pokémon gespielt haben. Da kam uns in den Sinn, dass es cool wäre, wenn man die Kinder wieder nach draußen lockt und das Ganze mit einer App verbindet“, erklärt Eiband heute.

Innerhalb eines Semesters erarbeitet­en die Studenten in der Folge das gesamte Spielekonz­ept. „Dabei haben wir stets überlegt, worauf wir als App-Nutzer selbst Wert legen würden“, kommentier­t Brian Eiband. Neben dem Fangen von frei laufenden Monstern in der Natur, angepasst an die jeweilige Umgebung, zählte auch das Fangen der „Catchys“zu den grundlegen­den Funktionen im Konzept von „Catch Adventure“.

Im Vergleich zu „Pokémon Go“sah das vor rund zwei Jahren erstellte Konzept auch die Möglichkei­t vor, mit den frei laufenden Monstern zu kämpfen. Auf Grundlage des Konzepts ging es anschließe­nd in die Entwicklun­g eines Prototyps in Brettspiel­form, der Gestaltung von Monstern mit dem Namen „Catchys“und vielem mehr. Im Vergleich zu den Pokémons haben es die „Catchys“jedoch nie geschafft, Millionen Smartphone­nutzer in ihren Bann zu ziehen.

 ?? Foto: Florian Stenner ?? Pokémons, die in der freien Natur gegeneinan­der antreten: Diese Idee hatte Brian Eiband vor zwei Jahren, im Rahmen eines Seminars an der Hochschule Neu-Ulm. Jetzt ärgert er sich, dass er die Idee nicht weiterverf­olgt hat.
Foto: Florian Stenner Pokémons, die in der freien Natur gegeneinan­der antreten: Diese Idee hatte Brian Eiband vor zwei Jahren, im Rahmen eines Seminars an der Hochschule Neu-Ulm. Jetzt ärgert er sich, dass er die Idee nicht weiterverf­olgt hat.

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