Mittelschwaebische Nachrichten

Endlich Edelmetall: Österreich jubelt

Nach der Nullnummer von London haben die Sportler der Alpenrepub­lik eine erneute Blamage verhindert. Doch die Kritik an den Sommerspor­tlern der Winterspor­tnation wird lauter

-

Wien Die Winterspor­t-Nation Österreich feiert ihre erste Rio-Medaille. Ein dritter Platz im Segeln sorgte für überschwän­gliche Schlagzeil­en in der Alpenrepub­lik. „Flüchtling­skind rettet Österreich“, „Endlich!“, „Österreich­s Erlösung in Bronze“, lauteten die Überschrif­ten am Mittwoch. Thomas Zajak, 30, dessen Eltern aus Polen stammen, und Tanja Frank, 23, hatten in der Nacra-17-Klasse hinter Argentinie­n und Australien den dritten Platz belegt.

Damit ging ein langes Warten zu Ende: 2923 Tage ist es her, dass am 15. August 2008 in Peking Violetta Oblinger-Peters im Kanu-Slalom die bislang letzte Medaille bei Olympische­n Sommerspie­len für Österreich errang. „Es ist eine riesige Erleichter­ung für die ganze Sportnatio­n“, sagte Österreich­s de Mission Christoph Sieber. Die als Blamage empfundene Nullnummer von London ist damit schon einmal verhindert. Mit 71 Sportlern ist Österreich in Rio vertreten, 41 davon sind Heeresspor­tler. Ein Umstand, der die Anwesenhei­t von Sport- und Heeresmini­ster Hans Peter Doskozil (SPÖ) in Rio umso logischer erscheinen lässt.

Dessen Ministeriu­m hatte vor vier Jahren 20 Millionen Euro in die Sportförde­rung gepumpt, damit Österreich­s Sportler im Kreis der besten Athleten zumindest manchmal aufs Treppchen kommen. Ziel waren und sind in Rio drei bis fünf Medaillen. Doch angesichts der medaillenl­osen bisherigen Wettkampft­age verbreitet­en die Sportkomme­ntatoren viel Kritik. Das Fördersyst­em sei völlig ineffektiv. Von einem Euro blieben angesichts der Verwal- tungskoste­n nur sechs Cent wirklich übrig. „Das gab es nicht einmal in der DDR – und die war gut verwaltet“, hieß es im Boulevardb­latt Kronen Zeitung spöttisch.

Der Blick war neidisch auf das einwohnerm­äßig etwas kleinere Nachbarlan­d Schweiz gerichtet. Die Eidgenosse­n haben mit einem Team aus 109 Athleten bereits fünf Medaillen gewonnen und damit ihre Zielvorgab­e erfüllt.

Die Medaille der österreich­ischen Segler war folglich Balsam auf Österreich­s Seele. Das erfolgreic­he Duo, das seit 2012 zusammen segelt, wurde hochgelobt: Zajak habe sich trotz der Schmerzen seit seinem Kletterunf­all 2009 durchgebis­sen. Und die 23-jährige Frank könne nicht nur segeln, sondern sei auch besonders gescheit: Ihr wird ein Intelligen­zquotient von 137 bescheiChe­f nigt. Schon mit 14 Jahren habe sie angefangen, Biologie zu studieren.

Solche Vorzeigeat­hleten hätte die Alpenrepub­lik gern noch mehr in ihren Reihen. Denn auch im Winterspor­t ist die rot-weiß-rote Welt nicht mehr rosig. „Die unumstößli­che Annahme, Österreich sei einfach eine Winterspor­t-Nation, ist nicht nur kurzsichti­g, sondern falsch“, bemerkte die Zeitung Kurier. So habe das Land bei den Winterspie­len von Sotschi 2014 zwar 17 Medaillen errungen, aber nur in sechs der 15 Sportarten.

Entwarnung sieht auch im Fall Rio anders aus. „Für die beiden ist die Bronzene ein echter Traum – für ganz Österreich bleibt aber eine einzige Medaille nach eineinhalb Olympia-Wochen ein Albtraum“, schrieb die Kronen Zeitung zum Abschneide­n des Teams. (dpa)

 ?? Foto: dpa ?? Thomas Zajak und Tanja Frank lassen Österreich jubeln. Die Segler haben Bronze gewonnen und damit eine erneute Nullnummer verhindert.
Foto: dpa Thomas Zajak und Tanja Frank lassen Österreich jubeln. Die Segler haben Bronze gewonnen und damit eine erneute Nullnummer verhindert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany