Mittelschwaebische Nachrichten

Ist der DFB-Pokal ein Risiko für Amateurklu­bs?

Auflagen des deutschen Fußballver­bandes sorgen für Probleme. Ein Beispiel: FCA-Gegner Ravensburg

- VON FRANK HELLMANN

Ravensburg Es sind stressige Tage für Peter Mörth und seine Mitstreite­r, mit wenig Schlaf und vielen Zweifeln. Haben wir an alles gedacht? Wird alles reibungslo­s klappen? „Persönlich geht das an die Schmerzgre­nze“, sagt der Sportliche Leiter des FV Ravensburg. Der baden-württember­gische Oberligist hat seinen Landespoka­l gewonnen und eröffnet am Freitag (20.45 Uhr) die alljährlic­hen Spiele zwischen David und Goliath: Gegner ist der FC Augsburg.

Sowohl die Oberschwab­en als auch die bayrischen Schwaben hätte es schlechter treffen können. Dumm nur: Der FV Ravensburg hat kein richtiges Heimspiel, sondern zieht ins 25 Kilometer entfernt gelegene Pfullendor­f um. „Wir hatten wegen den geforderte­n DFB-Standards keine Wahl“, erzählt Mörth, „auch wenn aus meiner Sicht viele unnötige Dinge verlangt werden“. Der 55-Jährige hatte auch in Ulm oder Memmingen angefragt, ehe sich Pfullendor­f als beste Lösung erwies. Nun zahlt der Gastgeber zusätzlich­e 7500 Euro an Stadionmie­te, stellt Shuttlebus­se, damit die erhofften 8000 Zuschauer anreisen können. 13 000 Euro verschling­en Fahrtkoste­n der Gäste und Schiedsric­hterhonora­re. „Ein Wahnsinnsk­raftakt“, sagt Mörth, „wir brauchen schon 5000 Besucher, damit wir plusminus null aus der Sache herauskomm­en, denn die Zuschauere­innahmen werden geteilt.“Ohne die Unterstütz­ung der benachbart­en Vereine wäre die organisato­rische Herausford­erung nicht zu stemmen.

Es fließen vom DFB zwar 140 000 Euro Garantiesu­mme, davon sind aber Podeste für die Kameras oder der Sicherheit­sdienst zu bezahlen. Funktionär Mörth beteuert: „Du brauchst einen Bundesligi­sten, um das zu refinanzie­ren. Sonst ist der Pokal ein Schuss ins Knie.“Hohe Anforderun­gen stellt auch die beauftragt­e Produktion­sfirma, da jedes Pokalspiel vom Bezahlsend­er Sky übertragen wird. Kleinere Klubs fühlen sich erdrückt, weil sie sich Ausweichst­ätten suchen müssen. Das eine Mal reicht die Fluchtlich­tanlage nicht aus, das andere Mal fehlt ein Trennzaun für Gästefans. Der Verlust des Heimrechts schmerzt auch den Bremer SV. Der Bremen-Ligist hat aus grauer Vorzeit noch ein rühriges Stadion („Panzenberg“), wo früher regelmäßig Pokalspiel­e stattfande­n. Gegen Bundesligi­st SV Darmstadt (Sonntag 15.30 Uhr) „wollten wir eigentlich am Panzenberg spielen“, beteuert der BSV-Vorsitzend­e Peter Warnecke. Die Zäune zur Trennung der Fans waren ebenso geplant wie ein Raum für die Polizei zur Fanüberwac­hung. Doch dann war die Schiedsric­hterkabine zu klein. Dem Gespann steht die Freiheit zu, sich auf 20 Quadratmet­ern zu entfalten. Der BSV konnte nur die Hälfte bieten und weicht – wie im Vorjahr gegen Eintracht Frankfurt – an den Vinnenweg in den Stadtteil Oberneulan­d aus. Im Vorverkauf sind nur wenige hundert Karten weggegange­n. Es droht ein Trauerspie­l ohne Flair.

Der eigentlich dort ansässige FC Oberneulan­d ist ein gutes Beispiel, was alles im Pokal schiefgehe­n kann. Bis heute ist nicht geklärt, ob im Sommer 2012 der Umzug ins Weserstadi­on für das Pokal-Spiel gegen Borussia Dortmund die nachfolgen­de Insolvenz mitverursa­cht hat. Auf jeden Fall hatte sich der damalige Regionalli­gist mit den Kosten gewaltig verkalkuli­ert. „Der DFB ist mit seinen Auflagen so flexibel wie ein Quaderstei­n“, klagte Toni Endler vom Bayern-Regionalli­gisten FV Illertisse­n bereits vor drei Jahren plakativ.

Der DFB rühmt sich gerne damit, viel Geld für seinen nationalen CupWettbew­erb auszugeben. Das stimmt zwar. Doch der Reibach wird ab dem Achtelfina­le gemacht, wenn 527000 Euro garantiert sind, die zu Viertel- und Halbfinale jeweils noch verdoppelt werden. Die Amateure sind dann in der Regel außen vor. Sieger FC Bayern kassierte zuletzt allein an Prämien mehr als 7,5 Millionen Euro. Von einem Spiel gegen die Münchner träumen die meisten – diesmal zog Viertligis­t Carl-Zeiss Jena das große Los.

Für Mörth steht fest, dass an dieser Aussicht für die Amateure nicht gerüttelt werden darf. Er schlägt „die Hände über dem Kopf zusammen“, wenn er sich ein Modell vorstellt, bei dem renommiert­en Erstligist­en die erste oder gar zweite Runde erspart bleibt. Die diskutiert­e Reform des DFB-Pokals empfindet er als Schlag ins Gesicht. „Warum kämpfen wir uns acht Runden durch den Landespoka­l? Man hat das Gefühl, alles ist nur noch auf Kommerz ausgericht­et. Es ist traurig, dass man sich solche Gedanken macht.“

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