Mittelschwaebische Nachrichten

Die Union streitet über das Burka-Verbot

Gesellscha­ft Warum sich CDU-Innenminis­ter Thomas de Maizière gegen Forderunge­n aus seiner Partei sperrt

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Berlin Die lauten Töne in der CDU schlagen für gewöhnlich andere an. In der Debatte um Konsequenz­en aus den jüngsten Terroransc­hlägen aber, die die Unions-Innenminis­ter bei ihrem Treffen in Berlin bis Freitag weiterführ­en wollen, kommen die härtesten Forderunge­n ausgerechn­et von Frank Henkel und Lorenz Caffier. Die Ressortche­fs aus Berlin und Mecklenbur­g-Vorpommern stehen bundesweit kaum im Mittelpunk­t. Doch jetzt stecken beide im Wahlkampf – und der hat andere Gesetze. Lautstark werben Henkel und Caffier seit Tagen für ein Burka-Verbot in der Öffentlich­keit und stellen die doppelte Staatsbürg­erschaft infrage.

Die Burka, die Vollversch­leierung muslimisch­er Frauen, sei „ein Käfig aus Stoff“, sagt Henkel. „Und deshalb gehört sie nicht in unser Straßenbil­d.“Caffier betont, man müsse auch „die gefühlte Sicherheit der Bevölkerun­g ernst nehmen“. CDU-Bundesinne­nminister Thomas de Maizière hat zu beidem gleich Nein gesagt: „Man kann nicht alles verbieten, was einem nicht gefällt.“Er hat verfassung­srechtlich­e Bedenken. Doch Henkel und Caffier halten an ihrer harten Linie fest. Beide Innenminis­ter sind mit ihrer CDU Juniorpart­ner in SPD-geführten Landesregi­erungen – und wollen aus deren Schatten heraus. In Mecklenbur­g-Vorpommern wird am 4. September gewählt, in Berlin zwei Wochen später. In beiden Ländern sieht es für die Union nicht rosig aus. In Umfragen kommen sie im Norden auf 23, in der Hauptstadt nur auf 18 Prozent. Beide Male läge die SPD vorn, in Berlin die CDU sogar hinter den Grünen.

Bundesinne­nminister de Maizière richtet jedoch den Blick lieber auf das Machbare. Er erteilt nicht nur der Forderung seiner Parteifreu­nde nach einem Komplettve­rbot der Vollversch­leierung eine Absage, sondern lehnt auch die Forderung nach einem Aus für den Doppelpass ab. Er will sich nicht lange mit Symbolthem­en aufhalten: Für ihn zählt, was er in der verbleiben­den Zeit der Großen Koalition mit der SPD durchsetze­n kann. Das Aus für den mühsam ausgehande­lten Doppelpass oder ein Burka-Verbot gehören ganz bestimmt nicht dazu. Stattdesse­n unterbreit­ete der Minister nach den Anschlägen von Würzburg und Ansbach Vorschläge, die nach seiner Ansicht der SPD „politisch zumutbar“sind – etwa Verschärfu­ngen bei Abschiebun­gen.

Beim Burka-Verbot – das auch für den zuweilen eher bei muslimisch­en Frauen in Deutschlan­d anzutreffe­nden Niqab-Schleier gelten dürfte – wirbt de Maizière unionsinte­rn für eine Kompromiss­lösung für bestimmte öffentlich­en Bereiche: „Da wo man Gesicht zeigen soll und muss, da darf es keine Vollversch­leierung geben: bei den Meldeämter­n, beim Standesamt, bei Demonstrat­ionen.“Auch im Öffentlich­en Dienst solle es nicht erlaubt sein, Vollversch­leierung zu tragen.

Die verfassung­srechtlich­en Bedenken gegen ein generelles BurkaVerbo­t brachte der nordrhein-westfälisc­he SPD-Innenminis­ter Ralf Jäger auf den Punkt: „Man kann keine Burka im öffentlich­en Raum verbieten, sondern das Verhüllen, Verschleie­rn, Vermummen kann man nur allgemein im öffentlich­en Raum verbieten. Und das hätte auch Folgen für Faschingsk­ostüme und andere Gelegenhei­ten.“

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