Mittelschwaebische Nachrichten

Von Hollywood zur Heilkunst

Marianne Koch wird heute 85. Dem Filmglamou­r konnte sie nichts abgewinnen. Ihre Bestimmung fand sie woanders

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München Sie könnte seit 20 Jahren im Ruhestand sein, doch das kommt für Marianne Koch nicht in Frage. Ihre Leidenscha­ft gehört der Medizin. Dafür beendete die Münchnerin einst ihre Filmkarrie­re. Die Ärztin berät seit 15 Jahren Radiohörer in der „Gesundheit­ssprechstu­nde“im Bayerische­n Rundfunk und schreibt nebenbei an einem neuen Buch. Um ihren 85. Geburtstag am heutigen Freitag will sie kein Aufhebens machen. „Geburtstag­sfeiern sind etwas für Kinder“, findet sie.

Zeit zum Feiern hat sie eigentlich auch nicht. Schließlic­h möchte sie ihr neues „Vorsorge-Buch“endlich abschließe­n. Einmal in der Woche geht Marianne Koch für den BR auf Sendung und das ein oder andere Interview steht auch noch an. Noch so intensiv arbeiten zu können, empfindet sie jedoch als Glück und Privileg.

Hollywood-Star zu werden ist nicht der Plan von Marianne Koch, als sie 1949 in München das Abitur macht. Stattdesse­n beginnt sie ein Medizinstu­dium. Die Schauspiel­karriere passiert ihr quasi nebenbei. In den Semesterfe­rien übernimmt sie erste kleinere Rollen. Nach dem Physikum 1952 unterbrich­t sie das Studium und konzentrie­rt sich auf den Film. Ohne Schauspiel­unterricht wird sie für Millionen Kinogänger zum Idol der Wirtschaft­swunderjah­re. Koch steht an der Seite von Curd Jürgens, Heinz Rühmann, O.W. Fischer und Gregory Peck – und bezaubert das Publikum mit ihrem Lächeln und Charme.

In Helmut Käutners „Ludwig II.“gelingt ihr der Durchbruch. Für ihren Auftritt in „Des Teufels General“wird sie mit dem Bundesfilm­preis ausgezeich­net. Es folgen bis 1970 rund 70 Kinofilme, darunter „Der Stern von Afrika“, „Die Landärztin“, „Mitternach­tsmörder“sowie der Western „Der letzte Ritt nach Santa Cruz“. In dem Sergio-Leone-Klassiker „Für eine Handvoll Dollar“spielt sie mit Hollywood-Legende Clint Eastwood.

Doch der Glanz der Filmwelt füllt Koch nicht aus. 1973 kehrt sie – inzwischen Mutter zweier Söhne – an die Uni zurück und schließt wenige Jahre später ihr Studium mit der Promotion ab. 1985 eröffnet sie in München eine internisti­sche Praxis.

Rückblicke­nd sieht sie die Schauspiel­erei nur als eine langjährig­e Episode in ihrem Leben an. Ihre große Bekannthei­t beim deutschen TV-Publikum verdankt Koch besonders dem ARD-Ratespiel „Was bin ich?“mit Gastgeber Robert Lembke. Sie gehörte seit den 1960er Jahren als Mitglied der Stammbeset­zung mit ihren treffsiche­ren Fragen zu der Sendung wie das Schweinder­l, in dem die Fünf-Mark-Stücke der Kandidaten klingelten.

Kochs eigentlich­e Passion ist bis heute die Medizin. 14 Jahre lang steht sie als Präsidenti­n der Deutschen Schmerzlig­a vor und ist ihr als Ehrenpräsi­dentin weiter verbunden. Sie gibt Patientens­eminare, schreibt medizinisc­he Ratgeber und tritt im Radio auf. Doch heute steht erst einmal der Geburtstag an. Den will Marianne Koch mit der Familie und Freunden „so normal wie möglich“verbringen. „Mal schauen, ob es gelingt.“Ute Wessels, dpa

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Fotos: Imago/United Archives, dpa Zweimal Marianne Koch: Aktuell (unten) und in der Rolle der „Landärztin“(1958).
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