Mittelschwaebische Nachrichten
Schreie aus Wallraffs Garten
Aufschläge und Tiefschläge Die Sommerpause beherrscht das Land. Selbst Medienkolumnisten lassen, heute am 232. Tag des Jahres, ihre Seele baumeln. Zeit für eine Bilanz:
Aufschläge Die in herzlicher Feindschaft verbundenen (Enthüllungs-)journalisten Günter Wallraff und Kai Diekmann von der Bild lieferten sich im Mai eine Schlacht – an der Tischtennisplatte in einer Halle in Wallraffs Garten. Diekmann, auf unserem Foto rechts, hatte das Match bei einer CrowdfundingKampagne für 1111 Euro gekauft: Startkapital für realsatire.de. Das Portal betreibt „Humor-Journalismus“und präsentiert all das, „was täglich an Verrücktem passiert“.
Den großen Durchbruch hat es nicht geschafft. Bei Facebook hat es weniger als 2000 „Likes“. Zum Vergleich: Die Satire-Seite „Der Postillon“kommt auf mehr als zwei Millionen. Ach: Wallraff gewann übrigens. Die dpa schrieb damals: „Wer die Schreie aus Wallraffs Garten hört – ,bruh‘, ,heija-dooh‘, ,hoah‘ – könnte Schlimmes befürchten.“
Tiefschläge Im März erschien die letzte Druckausgabe des europafreundlichen britischen Independent. Hoffnung setzte die Branche auf The New Day – die erste eigenständige Zeitungs-Neuerscheinung seit der Gründung des Independent fast 30 Jahre zuvor. The New Day verzichtete auf eine Online-Ausgabe. Sein Slogan: „Das Leben ist kurz, lasst es uns gut leben.“Anfang Mai wurde die Produktion eingestellt. Der Independent berichtet dagegen online weiter. Und gab im Mai bekannt, man sei schon profitabel. Stimmt das, wäre das eine gute Nachricht – für die gesamte Branche, die sich so schwertut, auch im digitalen Geschäft Gewinne zu erzielen.