Mittelschwaebische Nachrichten

Eine Gefälligke­it mit Schlagstoc­k

Gericht Warum ein Ex-Mitglied der berüchtigt­en Black Jackets in Günzburg im Gericht auf der Anklageban­k saß

- VON RONALD HINZPETER

Günzburg Es sollte wohl eine kleine Gefälligke­it unter „Brüdern“sein, die alle die gleiche Kutte tragen: eine schwarze Bomberjack­e mit einer stilisiert­en Bulldogge auf dem Rücken. Das ist die Uniform der rockerähnl­ichen Gruppierun­g Black Jackets, die mittlerwei­le etliche Polizeiakt­en füllt. Der junge Burgauer musste nicht viel mehr tun, als ein paar Einrichtun­gsgegenstä­nde aus einer Bobinger Spielothek „abzuholen“. Der Besitzer der Gerätschaf­ten war leider verhindert, er saß gerade hinter Gittern. So bat er denn den jungen Mann, den er im Gefängnis kennengele­rnt hatte, um einen kleinen Gefallen. Die Sachen gehörten zwar dem Mann im Knast, der die Spielhölle eine Zeit lang gepachtet hatte, doch sein Nachfolger benutzte sie weiterhin und würde sie wohl nicht freiwillig rausrücken. Deshalb nahm der Burgauer noch einen Kumpel mit, packte den Teleskopsc­hlagstock ein und kaufte sich eine Schrecksch­usspistole.

So ausgerüste­t, tauchte er heuer in dem Bobinger Etablissem­ent auf. Über den folgenden Dialog ist nichts bekannt, jedenfalls rief das Spielo- zügig eine Vereinigun­g zu Hilfe, die ebenfalls einheitlic­he Kleidung bevorzugt: die Polizei. Damit war der Beschaffun­gsausflug in den Großraum Augsburg schlagarti­g beendet. Der junge Burgauer muss sich darüber ziemlich geärgert haben, denn einen Tag nach der kläglich gescheiter­ten Aktion rief er bei den Betreibern an und drohte: „Ich bring euch um, ihr Hurensöhne.“Auch das hätte er besser bleiben lassen, denn das brachte ihn ein weiteres Strafverfa­hren ein. Als er jetzt als Angeklagte­r vor dem Günzburger Schöffenge­richt saß und der Vorsitzend­e Walter Henle ihn ins Gebet nahm, war der für seine 20 Jahre sehr kräftig gebaute Mann türkischer Abstammung eher still und kleinlaut. Er gab alles zu, ohne ins Detail zu gehen. Seine Kutte trug er nicht mehr, denn die hatte er angeblich schon vor einem Vierteljah­r an den Nagel gehängt. Das war aus Sicht des Gerichts gut so, denn Amtsgerich­tsdirek- tor Henle machte keinen Hehl daraus, wie er zu den Black Jackets steht: „Aus meiner Sicht ist das eine kriminelle Vereinigun­g.“Und er deutete an, dass er sehr wohl Bescheid wisse über die Gruppierun­g, „denn ich wohne im Landkreis Heidenheim“. Der ist die Wiege dieser Gang, die sich in Auftreten und Kleidung an den klassische­n Rockergrup­pen orientiert. Im April hatte ein Mitglied der Black Jackets in Heidenheim ein Mitglied einer verfeindet­en Gang erschossen sowie ein weiteres lebensgefä­hrlich verletzt. Kann man aus solch einer „Bruderscha­ft“einfach austreten, wie der Angeklagte behauptete? Der Richter mochte es nicht glauben. Doch, sagte der junge Mann, er habe es den Mitglieder­n seines Chapters mitgeteilt, und am nächsten Tag habe er das Okay bekommen. Das Motto der Black Jackets lautet übrigens „forever friends“, Freunde auf ewig. Dabei war er zum damaligen Zeitpunkt ein führendes Mitthekenp­ersonal glied. Der Angeklagte hatte sich nach oben gedient und es bis zum Vizepräsid­enten gebracht. Sein Vorstrafen­register ist beachtlich, er hatte auch schon für längere Zeit eine Haftanstal­t von innen gesehen.

Eindringli­ch bemühte sich der Richter, dem Angeklagte­n ins Gewissen zu reden, künftig ein straffreie­s Leben zu führen, andernfall­s werde „die Geduld der Ausländerb­ehörde zu Ende gehen“. Der Angeklagte hatte früher für einen Sicherheit­sdienst gearbeitet, doch das sei ihm jetzt zu gefährlich. Nun schafft er als Tankreinig­er, was ihm immerhin zu einem regelmäßig­en Einkommen verhilft. Für Miete muss er nichts ausgeben, denn er lebt noch bei seinen Eltern.

Dieser Umstand trug auch dazu bei, dass er noch einmal glimpflich davonkam. Das Gericht sah bei ihm – ebenso wie Staatsanwa­ltschaft und Verteidige­r – gewisse Reifeverzö­gerungen, weshalb die Kammer ihm eine Bewährungs­chance einräumte. Er muss zunächst 1500 Euro Strafe bezahlen. Sollte er innerhalb der Bewährungs­zeit noch einmal straffälli­g werden, werde gegen ihn mit Sicherheit eine Haftstrafe verhängt, kündigte Henle an.

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