Mittelschwaebische Nachrichten
Er will seine Kunstwerke verbrennen
Der Neuburger Künstler Rainer Röschke und ein kreativer Verein veranstalten eine Ausstellung, bei der Exponate zerstört werden. Was hinter der erschreckenden Idee steckt
Neuburg/Oberhausen-Kreut Wenn Gemälde, Skulpturen und Installationen in Flammen aufgehen, weckt das zunächst keine positiven Assoziationen. Der Neuburger Künstler Rainer Röschke verfolgt mit seiner „2. Kunst-Einweg- oder Verbrennungsausstellung“, die im September in Oberhausen-Kreut (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) stattfindet, allerdings gleich in mehrfacher Hinsicht einen guten Zweck.
Röschke ist Exzentriker und überaus fleißig. In den 40 Jahren seines bisherigen Schaffens hat der 61-Jährige bereits mehr als 40000 Werke kreiert, wie er selbst sagt. Die meisten lagern in seinem Atelier, dem Kunsthof in Wagenhofen. Und Röschkes Produktivität kennt keine Grenzen: Jeden Tag schafft er Neues. Er sei Autist, erklärt er, und die Kunst sei schon immer sein Weg gewesen, mit Menschen Kontakt aufzunehmen. „Ohne die Kunst würde ich heute wahrscheinlich nicht mehr leben“, behauptet er.
Trotz seines Tatendrangs ist ihm die eigene Vergänglichkeit seit einem Herzinfarkt vor fünf Jahren und dem Tod seiner Frau vor drei Jahren schmerzlich bewusst. Er trägt immer einen Löffel bei sich. Warum? „Damit ich ihn abgeben kann, sage ich den Leuten immer.“Deshalb will er sich nun zum wiederholten Mal – nach der ersten „Einwegausstellung“im Januar 2012 – von einem Teil seiner Werke trennen.
Seine acht Kinder sollen den Nachlass, wenn es soweit ist, bewältigen können, erklärt er. Es soll nur das von ihm erhalten bleiben, was er selbst weiterhin für gut genug befindet. Folglich werde er auch nicht traurig sein, versichert er, wenn am Ende der Ausstellung die nicht verkauften Werke vernichtet werden – obwohl in allen etwas ganz Persönliches von ihm steckt.
Röschke malt nicht einfach auf Leinwand oder Papier. Stattdessen malt er mit Leuchtfarben, die erst unter UV-Licht richtig zur Geltung kommen, auf Schinken- und Käsepackungen, deren Inhalt er verzehrt hat. Er verarbeitet Zulassungsarbeiten, die ihm ehemalige Studenten bringen, zu Kunstwerken, die sie sich als stilvolle Erinnerung an die Wand hängen können. Er nimmt die Puppen seiner Kinder und stopft sie in Petroleumlampen. „Diese Dinge haben eine unglaubliche Kraft“, betont er.
Röschke zeichnet aber auf Auftrag auch Porträts oder gestaltet Wohnungen. Bei der Ausstellung vor der Verbrennung will er den Menschen eine letzte Gelegenheit geben, Werke, die nicht mehr seinem, aber möglicherweise deren Geschmack treffen, verbilligt zu kaufen. Was danach noch übrig ist, wird gnadenlos verbrannt. Anschließend sind die Skulpturen und Gemälde nur noch digital zu erhalten. Derzeit ist der Künstler damit beschäftigt, alle aussortierten Werke abzufotografieren, so dass „ihre Seele erhalten bleibt“, wie er erklärt.
Unterstützt wird der Neuburger Künstler bei seiner Aktion von dem in Kreut ansässigen Verein Ideenwerkstatt. Diese Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen bei der Umsetzung von kreativen Einfällen zu helfen. Und Röschkes Idee ist nicht nur kreativ, sondern auch sozial: 40 Prozent des Erlöses gehen an regionale Vereine aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, deren Hauptaufgabe es ist, Menschen zu helfen. Beispiele sind die Neuburger Tafel, der Weiße Ring und die Lebenshilfe. An welchen Verein genau, bestimmt der Käufer. Röschke: „Die Kunst hat mir geholfen zu überleben. Jetzt will ich den Menschen etwas zurückgeben.“
Die Ausstellung ist gekoppelt mit einem Tag der offenen Tür in der Ideenwerkstatt.
Ausstellung Röschkes Werke sind am Samstag, 17. September, und Sonntag, 18. September, jeweils von 9 bis 20 Uhr zu sehen. Die Schau findet im Vereinsheim der Ideenwerkstatt (Am Straßweiher 6 in 86697 Oberhausen-Kreut) statt. Die Verbrennung beginnt am Sonntag um 15 Uhr.