Mittelschwaebische Nachrichten
Märchen vom Anderssein
„Silfir“spielt in Island und verbindet die Welt der Elfen mit der Realität
Der Anfang ist nicht unbedingt erfolgsversprechend. Gammelhai gibt’s für Fabio und seinen Bruder Tom zur Begrüßung in Island, wo die Familie Urlaub machen will. Die Insel aus Feuer und Eis zeigt sich nicht gerade von ihrer besten Seite. Auch die Tochter der Vermieterin, Elin, scheint eher sonderbar. Und dann hat Fabio ein paar merkwürdige Begegnungen, die ihn sogar in Lebensgefahr bringen. Während Tom und Elin sich anfreunden, findet Fabio in dem seltsamen Jungen Hansen scheinbar einen „Bruder im Geiste“. Soweit so gut. Doch dann überstürzen sich die Ereignisse.
Fabio crasht aus Versehen den Computer eines coolen Typs, den er in einem Café beobachtet hat und er probiert dessen Wolfshelm auf. Prompt wird er ins Elfenreich gebeamt, denn der Junge ist ein Elf, und der Wolfshelm kann sich auch in einen echten Wolf verwandeln. In Nina Blazons neuem Roman „Silfur“verschwimmt die Grenze zwischen Märchen und Realität. Kein Wunder, spielt der Roman doch auf Island, der Insel, wo nach dem Glauben vieler Einheimischer noch Elfen und Trolle leben. Fabio jedenfalls kann Elfen sehen, anders als Tom. Dafür ist der jüngere Bruder ein Überflieger in der Schule, und er droht dem kleinwüchsigen Fabio schnell über den Kopf zu wachsen.
Vielleicht behält Fabio auch deshalb sein Geheimnis für sich und beobachtet die Elfenbande von Ferne. Dabei fällt ihm auf, dass die Jungs und Mädels nicht nur ähnlich aussehen wie die Menschenkinder, sondern auch offensichtlich die gleichen Interessen haben: Selfies, Handys, Musik und Mode. Eigentlich ganz sympathisch, wäre da nicht Hansens Hass auf das „Huldufolk“, wie die Isländer die Elfen nennen. Unvermittelt gerät Fabio in ein Abenteuer, bei dem es um Leben und Tod geht und das er nicht ohne die Hilfe von Tom und Elin bestehen kann. Und zum ersten Mal erkennt der 13-Jährige, dass er sich selbst klein gemacht hat, weil er immer so sein wollte wie sein Bruder und dass er viel erreichen kann, wenn er sein Anderssein annimmt. Auch die ewig hibbelige Elin muss akzeptieren, dass sie anders ist als die Kinder der isländischen Nachbarn.
In Nina Blazons Fantasy-Abenteuer wird die Feenwelt Islands Wirklichkeit. Denn alle Orte, die sie beschreibt gibt es tatsächlich. Das Konzerthaus Harpa in Reykjavikzum Beispiel, das Fabio wie ein gigantisches Robot-Ufo erscheint, oder wie ein schwarzer Todesstern. Diese Verortung in der Realität macht das Märchen so zeitnah. Zugleich ermöglicht die Feenwelt Nina Blazon, sich mit dem Thema Anderssein zu beschäftigen: Die Menschen wie auch die Feen lehnen den jeweils anderen ab, schotten sich gegeneinander ab statt sich zu verständigen. Das führt zu Missverständnissen, sogar zu Tragödien. Fabio gelingt es, die beiden Welten miteinander zu versöhnen. Eine ebenso zauberhafte wie spannende Lektion in Sachen Toleranz.