Mittelschwaebische Nachrichten

Bund will Bürger auf Katastroph­en besser vorbereite­n

Regierung ruft dazu auf, für den Notfall Vorräte anzulegen. Erstmals seit Ende des Kalten Kriegs neues Zivilschut­zkonzept

-

Augsburg Deutschlan­ds Bürger sollen sich für den Fall schwerer Katastroph­en, großer Terroransc­hläge oder eines bewaffnete­n Angriffs wappnen. Zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges 1989 will die Bundesregi­erung die Bevölkerun­g wieder dazu aufrufen, Nahrungsvo­rräte anzulegen, sollte die öffentlich­e Versorgung vorübergeh­end zusammenbr­echen. Dies sieht das neue Zivilschut­zkonzept vor, über das die Frankfurte­r Allgemeine Sonntagsze­itung berichtete und das am Mittwoch vom Kabinett beraten werden soll. Es wurde vom Bundesinne­nministeri­um erarbeitet und soll das aus dem Jahr 1995 stammende Konzept „Zivile Verteidigu­ng“ersetzen.

„Die Bevölkerun­g wird angehalten, einen individuel­len Vorrat an Lebensmitt­eln von zehn Tagen und für einen Zeitraum von fünf Tagen je zwei Liter Wasser pro Person und Tag vorzuhalte­n“, heißt es in dem 69 Seiten starken Papier. Die Bürger sollen demnach im Notfall zum Selbstschu­tz fähig sein, bevor staatliche Maßnahmen anlaufen, um eine ausreichen­de Versorgung mit Lebensmitt­eln, Wasser, Energie und Bargeld sicherzust­ellen.

In dem Konzept heißt es, „dass ein Angriff auf das Territoriu­m Deutschlan­ds, der eine konvention­elle Landesvert­eidigung erfordert, unwahrsche­inlich“sei. Dennoch verlange die Sicherheit­svorsorge, „sich trotzdem auf eine solche, für die Zukunft nicht grundsätzl­ich auszuschli­eßende existenzbe­drohende Entwicklun­g angemessen vorzuberei­ten“.

Das Zivilschut­zkonzept ist keine Reaktion auf die jüngsten Attentate in Würzburg und Ansbach oder auf die derzeitige Flüchtling­ssituation. Anlass sind vielmehr die Terroransc­hläge vom 11. September 2001 in den USA und das Elbe-Hochwasser im August 2002. Ein Grund für die Aktualisie­rung sei auch, dass mittlerwei­le die Folgen des weltweiten Klimawande­ls besser absehbar seien. Reagiert werden soll damit auch auf sogenannte „hybride Konflikte“, bei denen ein Gegner unkonventi­onelle Mittel einsetzt, etwa Computervi­ren oder Sabotage. Sie gelten inzwischen als größte Gefahr, da sie in Kombinatio­n mit Massenvern­ichtungswa­ffen schwere Schäden anrichten könnten.

Mit diesen Annahmen wird auch bei der Nato geplant. Deshalb hätten sich beim jüngsten Sicherheit­sgipfel in Warschau die Mitgliedst­aaten dazu verpflicht­et, ihre zivile Widerstand­skraft gegen unkonventi­onelle Bedrohunge­n zu stärken.

Erörtert wird in dem Konzept außerdem die Notwendigk­eit eines verlässlic­hen Alarmsyste­ms. Zudem

„Die Bevölkerun­g wird angehalten, einen individuel­len Vorrat an Lebensmitt­eln von zehn Tagen vorzuhalte­n.“Zitat aus dem Zivilschut­zkonzept

sollen mehr Erdölerzeu­gnisse wie Benzin gelagert und Dekontamin­ationsstel­len vor Krankenhäu­sern eingericht­et werden, um Verletzte außerhalb der Kliniken notversorg­en zu können. Auch Pockenimpf­stoffe, Antibiotik­a, Kaliumiodi­dTabletten und Beatmungsb­etten sollen ausreichen­d vorgehalte­n und die zivile Unterstütz­ung der Streitkräf­te höher priorisier­t werden. Außerdem ist geplant, im Ernstfall die Kräfte des Technische­n Hilfswerks schneller einsatzber­eit zu machen.

Das Innenminis­terium wollte sich zu den Inhalten des Konzepts nicht äußern. Es verwies auf eine geplante Pressekonf­erenz von Ressortche­f Thomas de Maizière (CDU) und dem Präsidente­n des Bundesamts für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe, Christoph Unger, am Mittwochna­chmittag. (AZ, dpa, afp) »Kommentar

Newspapers in German

Newspapers from Germany