Mittelschwaebische Nachrichten

Fluchtweg durch die Schweiz

Der Zustrom über das Mittelmeer nach Italien hält an. Dort entsteht eine neue Route, die bis nach Deutschlan­d führt

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Basel/Berlin Die Schweiz droht nach Einschätzu­ng der Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag zum neuen Transitlan­d für Flüchtling­e auf dem Weg nach Deutschlan­d zu werden. Die Zahl von Migranten, die versuchten, auf diesem Wege illegal in die Bundesrepu­blik einzureise­n, sei stark gestiegen, berichtete die Zeitung. Sie verweist auf Angaben der Bundespoli­zei, wonach seit Jahresbegi­nn 3385 Personen illegal aus der Schweiz nach Deutschlan­d gelangt seien – dies seien 40 Prozent mehr als 2015. Deutschlan­d habe deshalb seine Kontrollen an der Grenze zur Schweiz verstärkt und „in den letzten Wochen rund 90 Grenzwächt­er und 40 Bundespoli­zisten zusätzlich an diesen Grenzabsch­nitt delegiert“, sagte Finanzmini­ster Ueli Maurer, der auch für das Schweizer Grenzwacht­korps zuständig ist, nach Angaben der Zeitung.

Das Bundesinne­nministeri­um in Berlin bestätigte, dass die Zahl der Einreisen von Flüchtling­en aus der Schweiz gestiegen sei. Sie liege aber bislang noch pro Tag „im unteren bis mittleren zweistelli­gen Bereich“, erklärte ein Sprecher. „Die Entwicklun­g steht im Zusammenha­ng mit der nach wie vor bedeutsame­n Mittelmeer­route nach Italien.“

Neben der Schließung der Balkan-Route, auf der Flüchtling­e bis nach Österreich und dann weiter nach Deutschlan­d kamen, hat nach Ansicht der NZZ am Sonntag eine langjährig­e Schweizer Praxis „unfreiwill­ig eine Sogwirkung“ausgelöst: Flüchtling­e, die aus Italien in der Schweiz ankommen, werden aus Kapazitäts­gründen regelmäßig nach Basel und Kreuzlinge­n unweit der deutschen Grenze gebracht. Schweizer Behörden hätten bis Ende Juli 4833 „unkontroll­ierte Abreisen“verzeichne­t – „vermutlich in den meisten Fällen nach Deutschlan­d“.

Der Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums sagte, die Bundespoli­zei ergreife an der Grenze zur Schweiz „wie bereits seit Wiedereinf­ührung der Grenzkontr­ollen an der deutsch-österreich­ischen Grenze einreiseve­rhindernde beziehungs­weise aufenthalt­sbeendende Maßnahmen“. Dabei gebe es zwischen der Schweiz und Deutschlan­d einen regelmäßig­en Informatio­nsaustausc­h.

Nach Angaben der Grenzschut­zagentur Frontex sind in Italien seit Jahresbegi­nn etwa 95 000 Bootsflüch­tlinge angekommen. Allein im Juli kamen demnach etwa 25 300 Personen an – zwölf Prozent mehr als im Juli 2015. Die meisten dieser Migranten stammten aus Nigeria und Eritrea.

In der italienisc­hen Stadt Como an der Grenze zum schweizeri­schen Kanton Tessin kampieren bereits seit Wochen hunderte Flüchtling­e, die von der Schweiz abgewiesen wurden. Dazu erklärte das eidgenössi­sche Grenzwacht­korps, man lasse nach wie vor Menschen ins Land, die in der Schweiz um Schutz nachsuchen. Abgewiesen werde allerdings, wer kein Asylgesuch stelle oder erkennbar nur durch die Schweiz weiter nach Norden reisen wolle. (dpa)

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Foto: dpa Flüchtling­e, die übers Mittelmeer kommen, reisen teilweise durch die Schweiz nach Deutschlan­d.

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