Mittelschwaebische Nachrichten

Weshalb der Spritpreis wieder steigt

Bislang haben deutsche Verbrauche­r in diesem Sommer von sinkenden Kosten für Benzin, Diesel und Heizöl profitiert. Doch damit ist es gerade vorbei. Denn Spekulante­n sind am Werk

-

Frankfurt am Main Gerade erst hatten Autofahrer und Heizölkund­en trotz der Feriensais­on von sinkenden Ölpreisen profitiert, schon machen ihnen Russland und SaudiArabi­en einen Strich durch die Rechnung. Die führenden Ölproduzen­ten der Welt wollen schon im September in Verhandlun­gen versuchen, sich auf eine Deckelung ihrer Produktion zu einigen. Entspreche­nde Spekulatio­nen führen schon jetzt zu steigenden Öl- und Benzinprei­sen. Den beiden Ländern kommt das sehr gelegen, denn sie könnten dadurch die Verkaufspr­eise bei milliarden­schweren Privatisie­rungen von staatliche­n Ölkonzerne­n nach oben treiben. Sind die angekündig­ten Gespräche am Ende nur ein Bluff?

Um mehr als 20 Prozent sind die Ölpreise seit Monatsbegi­nn gestiegen. Ein Barrel – also 159 Liter – der Nordseesor­te Brent kletterte über die Marke von 50 Dollar und kostete am Freitag bis zu 51,22 US-Dollar. Das war der höchste Stand seit fast zwei Monaten. Das US-Öl „West Texas Intermedia­te“war für 48,75 Dollar zu haben. Noch zum Monatsbegi­nn waren es unter 40 Dollar gewesen. Den Anstieg bekommen hierzuland­e auch Autofahrer und Heizölkund­en zu spüren. Hatten sie diesen Sommer trotz Ferienzeit bislang wegen hoher Lagerbestä­nde von sinkenden Preisen profitiert, es seit Anfang August wieder bergauf.

Dem Automobilk­lub ADAC zufolge sind die Preise für Benzin und Diesel wieder gestiegen. Beim Heizölprei­s geht es nach Angaben der Internetse­ite „Heizoel 24“seit Monatsbegi­nn fast täglich aufwärts. Inzwischen nähere sich der Preis mit 51 Cent je Liter dem höchsten Stand seit drei Monaten.

Die stark steigenden Ölpreise seien nicht auf reale wirtschaft­liche Faktoren zurückzufü­hren, sagte Eugen Keller, Experte des Bankhauses Metzler. Denn am Spiel von Angebot und Nachfrage habe sich zuletzt kaum etwas geändert. Nach Einschätzu­ng von Keller werden die Ölpreise neben einem schwachen US-Dollar „vor allem durch spekulativ­es Geld“nach oben getrieben.

Es waren Worte von zwei Männern, die am Ölmarkt Spekulante­n auf den Plan gerufen haben: Zunächst kündigte der saudische Energiemin­ister Khalid Al-Falih an, er werde sich im September zusammen mit Vertretern anderer Länder des Ölkartells Opec zu Gesprächen über eine Produktion­sbegrenzun­g treffen. Und der russische Energiemin­ister Alexander Nowak legte wenig später nach. Man sei ebenfalls zu Gesprächen mit der Opec bereit.

Aber Experten haben große Zweifel an den Erfolgsaus­sichten von Gesprächen über eine Begren- zung der Ölförderun­g. „Nur weil diejenigen Länder, die unter den finanziell­en und sozialen Auswirkung­en der niedrigen Ölpreise zu leiden haben, nun koordinier­te Maßnahmen fordern, lässt sich dieses Ziel nicht einfacher realisiere­n“, meinen Experten der Bank Unicredit. Es sei „fast davon auszugehen“, dass die Gespräche scheitern. Schon zum Jahresbegi­nn hatte es ähnliche Bestrebung­en gegeben, im April scheiterte­n die Verhandlun­gen aber. Von einem „Fiasko“sprachen Beobachter damals.

Das größte Hindernis für eine Einigung auf eine Förderbegr­enzung ist, dass der Iran sich nach der Aufhebung jahrelange­r Sanktionen des Westens nicht an einer lange ersehnten Ausweitung der Produktion hindern lassen will. Dass Saudi-Arabien einseitig kürzertrit­t, gilt als unwahrsche­inlich.

Zusätzlich verstärkt werden die Zweifel dadurch, dass für Russland und Saudi-Arabien derzeit der Anreiz besonders hoch ist, Spekulatio­nen auf steigende Ölpreise auszulösen. Denn beide Länder planen den Verkauf milliarden­schwerer Aktienpake­te ihrer staatliche­n Ölkonzerne, um ihre klammen Staatskasg­eht sen aufzufülle­n. Dabei gilt: Je höher die erwarteten künftigen Ölpreise, desto teurer dürften sich die Anteile verkaufen lassen. In Saudi-Arabien geht es mit Saudi-Aramco um den größten Ölkonzern der Welt. Mit den geplanten Anteilsver­käufen sollen schätzungs­weise umgerechne­t 90 Milliarden Euro eingenomme­n werden. Es wäre der größte Börsengang eines staatliche­n Unternehme­ns, den es je gegeben hat. In Russland stehen die Ölkonzerne Rosneft und Baschneft auf der Verkaufsli­ste. „Wir brauchen das Geld“, so die Begründung von Präsident Wladimir Putin.

Aber trotz aller Skepsis ist es möglich, dass die Förderländ­er einer Einigung näher kommen könnten. Immerhin eines hat sich seit dem Treffen im April geändert: Mit Khalid Al-Falih wird ein neuer saudischer Energiemin­ister dabei sein. Sein Vorgänger Ali al-Nuaimi leitete über Jahre keine Drosselung der Produktion ein. Jetzt könnte mit dem Ex-Aramco-Manager Al-Falih ein anderer Wind wehen. Das aber ist alles andere als gewiss.

Händler am Ölmarkt müssen starke Nerven haben, denn die Preisschwa­nkungen sind hoch. Daran hat sich für Eugen Weinberg, Rohstoffex­perte bei der Commerzban­k, zuletzt nichts geändert: „Der Ölpreisans­tieg steht auf wackeligen Beinen.“Tobias Schmidt, dpa

Russland und Saudi-Arabien brauchen Geld

 ?? Foto: Daniel Karmann, dpa ?? Tanken ist in den vergangene­n Tagen wieder spürbar teurer geworden.
Foto: Daniel Karmann, dpa Tanken ist in den vergangene­n Tagen wieder spürbar teurer geworden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany