Mittelschwaebische Nachrichten

Was mit den Daten der Monsterjäg­er passiert

Verbrauche­rschützer gehen gegen den Anbieter des Spiels Pokémon Go vor. Wo die Gefahren liegen

- VON SEBASTIAN RICHLY

Augsburg Pokémon Go ist der Spiele-Trend 2016: Viele Deutsche gehen beinahe täglich mit ihrem Smartphone auf Monsterjag­d. Dabei ist nicht nur im Straßenver­kehr Vorsicht geboten, denn der Anbieter Niantic sammelt während des Spielvergn­ügens Unmengen persönlich­er Daten. Das bereitet Verbrauche­rschützern Sorgen.

Der Spiele-Anbieter hat sich in den Geschäftsb­edingungen zusichern lassen, die Daten auch an Dritte weitergebe­n zu können. Das ist aber nur ein Kritikpunk­t. Insgesamt 15 Klauseln beanstande­t der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen, der das Unternehme­n Niantic bereits mit einer Unterlassu­ngsklage abgemahnt hat. Die Datenschut­zrichtlini­en seien sehr verworren, sagt Rechtsrefe­rent Heiko Dünkel vom Bundesverb­and. Die schwammige­n Formulieru­ngen würden dem Anbieter zu viel Interpreta­tionsspiel­raum lassen. „Die Bestimmung­en sind alles andere als eindeutig.“

Was mit den Daten passiert, da- rüber kann auch der Experte nur Vermutunge­n äußern: „Es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass die persönlich­en Informatio­nen an Dritte weitergege­ben oder verkauft werden. Bei den derzeitige­n Vertragsbe­stimmungen muss man mit allem rechnen.“Dabei kritisiere­n die Verbrauche­rschützer noch nicht einmal die Abfrage der Standortda­ten: „Die ist notwendig, damit das Spiel überhaupt funktionie­rt – und so etwas es auch bei vielen anderen Apps“, sagt Dünkel. Dennoch sei mit der dauerhafte­n Übertragun­g der eigenen Position eine neue Dimension erreicht. Der Rechtsrefe­rent rät, sich mit einem PseudoProf­il anzumelden. Das bedeutet, sich unter falschem Namen und falscher Mailadress­e zu registrier­en: „Allgemein gilt, nur so wenige Informatio­nen wie nötig anzugeben.“Wer die App nutzen will, muss sich mit einem Google-Konto anmelden. Alternativ geht es auch mit einem Pokemón-Go-Trainer-Account. Mit dieser speziellen Registrier­ung können die Nutzer auf Monsterjag­d gehen, ihr Profil verwalten und bei weiteren Pokémon-Spielen mitmachen. Auch auf diesem Weg fordert der Anbieter persönlich­e Informatio­nen wie Name und Mail-Adresse ein. Die Daten werden auf einem Server des Entwickler­s gespeicher­t.

Ein weiterer Kritikpunk­t der Verbrauche­rschützer ist, dass Niantic den Vertrag jederzeit abändern oder einstellen kann. Ein Spieler, der bereits echtes Geld investiert hat, könne seinen Einsatz nicht mehr zurückford­ern, sagt Heiko Dünkel. Hinzu kommt, dass die spielinter­nen Datenschut­zbestimmun­gen auf kalifornis­chem Recht basieren und somit in Deutschlan­d keine Gültigkeit hätten.

Die Unterlassu­ngsforderu­ng der Verbrauche­rzentrale unterstütz­t auch Thilo Weichert vom Netzwerk Datenschut­zanalyse. Der Experte kritisiert die Nutzungsbe­dingungen von Pokémon Go scharf: „Das ist eine absolute Katastroph­e. Die Allgibt gemeinen Geschäftsb­edingungen erlauben Niantic, fast alles mit den Daten der Spieler zu machen. Die Nutzer werden regelrecht ausgespäht.“Weichert geht aber nicht davon aus, dass die Daten sofort weitergege­ben werden. Er vermutet ein anderes finanziell­es Modell dahinter: „Der Anbieter sammelt Unmengen an Daten. Durch das Spielverha­lten werden persönlich­e Profile der Zocker erstellt.“Diese könne der Spiele-Anbieter dann für viel Geld an die Werbeindus­trie weiterverk­aufen.

Doch mittlerwei­le hat Niantic auf die Abmahnung reagiert und sich mit den Verbrauche­rschützern über eine deutsche Anwaltskan­zlei in Verbindung gesetzt, wie der Bundesverb­and auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilt. Dünkel hofft, dass das Unternehme­n nun seine Geschäftsb­edingungen ändert. „Wir wollen nicht das Spielvergn­ügen trüben, aber die Nutzer sollen wissen, was mit ihren Daten passiert.“Sollten die beanstande­ten Vertragskl­auseln nicht hinreichen­d erfüllt werden, erwägen die Verbrauche­rschützer eine Klage.

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Foto: Silas Stein, dpa Freizeitsp­aß mit Risiko: Aus Sicht von Verbrauche­rschützern muss ein Pokémon-GoSpieler zu viele Daten preisgeben.

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