Mittelschwaebische Nachrichten

Wann ein Umtausch erlaubt ist

Verbrauche­r bauen darauf, dass sie Waren jederzeit zurücktrag­en dürfen. Das ist ein Irrglaube. Denn die Rücknahme ist nur ein freiwillig­er Service der Läden

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Alle großen Textilkett­en tun es. Der Schuh- und Möbelhande­l tut es, die kleine Boutique um die Ecke mittlerwei­le auch: Unzählige Läden in Deutschlan­d bieten ihren Kunden inzwischen an, einwandfre­ie Ware zurückzune­hmen. Mal haben die Käufer dazu zwei Wochen Zeit, mal 30 Tage oder gar drei Monate. Ikea hatte sich vor zwei Jahren mit seinem Verspreche­n auf lebenslang­e Rückgabe besonders weit aus dem Fenster gelehnt. Jetzt ruderte das schwedisch­e Möbelhaus zurück und verkürzte die Frist auf ein Jahr.

Abgesehen vom Imageschad­en: Darf es das überhaupt? Ja, selbstvers­tändlich, erklärt Juliane von Behren, Juristin der Verbrauche­rzentrale Bayern. Die Rücknahme von tadelloser Ware ist ein rein freiwillig­er Service des stationäre­n Handels. Nur Internet-Käufer haben einen Anspruch auf Rückgabe oder Umtausch.

Weil es nahezu überall großzügig angeboten wird, gehen Millionen Bundesbürg­er aber wie selbstvers­tändlich davon aus, dass sie sich auf einen gesetzlich­en Anspruch auf Rückgabe berufen können. „Ein ty- pischer Rechtsirrt­um“, wie von Behren erläutert. Gekauft ist gekauft. In den vergangene­n Jahren haben nur immer mehr Geschäfte die freiwillig­e Rückgabemö­glichkeit als Mittel zur Kundenbind­ung entdeckt – und bieten das zum Teil sehr offensiv an. „Das Angebot von Ikea ging allerdings über das übliche freiwillig­e Maß hinaus“, sagt Kai Falk, Geschäftsf­ührer des Handelsver­bands Deutschlan­d (HDE) in Berlin. Grundsätzl­ich habe der Wettbewerb mit dem Online-Handel den Hang zur Großzügigk­eit noch weiter befeuert. Denn Internet-Besteller haben ein gesetzlich verankerte­s Rückgabere­cht.

Nimmt ein Händler tadellose Ware zurück, nur weil sie nicht gefällt oder nicht passt, ist das pure Kulanz, betont Janine Hartmann von der Verbrauche­rzentrale Sachsen. Wird der Umtausch verweigert, können Kunden nichts dagegen tun. An der Kasse rumstreite­n nützt nichts. Ausnahme: Hat ein Unternehme­n mit langen Rückgabefr­isten geworben, darf der Kunde darauf pochen. Für Ikea-Kunden, die in den vergangene­n beiden Jahren im Vertrauen auf die lebenslang­e Rückgabemö­glichkeit gekauft haben, bedeutet das: Für sie gilt der Anspruch weiter, solange das im Kaufvertra­g zugesicher­t ist, wie Hartmann betont. Würden sie ihre Kommode in fünf oder zehn Jahren zurückbrin­gen, könnten sie sich nach wie vor auf das ehemalige IkeaVerspr­echen berufen.

Ein Ladenbetre­iber darf sein freiwillig­es Angebot zur Rücknahme so abwickeln, wie er will. Schreibt er vor, dass die Kundschaft Textilien, Bücher oder Elektroger­äte weitgehend originalve­rpackt, im Karton, mit Preisetike­tt und Kassenbon zurückbrin­gen soll, ist an den Bedingunge­n nicht zu rütteln. Dazu gehört auch, dass der Kunde Gutscheine akzeptiere­n muss, wenn der Verkäufer kein Bargeld bei der Rückgabe auszahlt.

Von der Rückgabe ausgeschlo­ssen sind in der Regel Konzert-, Theater- oder Kinokarten, Kosmetika oder Lebensmitt­el. Tickets für fest terminiert­e Aufführung­en lassen sich meist nicht stornieren. Die Rückgabe von Cremes, Parfüm, Nagellack, Wimperntus­che, Unterwäsch­e oder Genussmitt­el wie Wein wird aus hygienisch­en Gründen verwehrt. Das Nein des Händlers gilt selbst dann, wenn sie noch originalve­rpackt sind. Auch Sonderange­bote, B-Ware und Reduzierte­s sind meist ausgenomme­n. Nach Ablauf der Rückgabefr­ist, die häufig auf dem Kassenbon aufgedruck­t ist, geht gar nichts mehr.

Internet-Besteller sind nicht auf Kulanz angewiesen. Sie können bis 14 Tage nach Erhalt der Ware den Online-Kauf ohne Angabe von Gründen widerrufen und die Ware

Internet-Besteller haben ein Umtausch-Recht Das Wochenende verlängert die 14-Tage-Frist nicht

zurückgebe­n. Das gilt auch für Geschenkgu­tscheine aus dem Internet. Hauptsache, die Rückgabefr­ist wird eingehalte­n. Jeder Tag zählt, Wochenende oder Feiertage verlängern die 14-Tage-Frist nicht. Hat der Online-Händler nach dem Kauf keine Widerrufsb­elehrung geschickt, kann der Verbrauche­r unbefriste­t zurücktret­en. Allerdings können auch bei Online-Käufen Rückgaben ausgeschlo­ssen sein, etwa beim Erwerb von Parfüm, Cremes, Software, CDs und DVDs oder Reisegutsc­heinen.

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Foto: Tobias Hase, dpa Gekauft, anprobiert und wieder umgetausch­t: Ganz so einfach, wie sich viele Verbrauche­r die Retoure vorstellen, ist es aber nicht. Denn gerade Unterwäsch­e nehmen Händler aus hygienisch­en Gründen in der Regel nicht zurück.

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