Mittelschwaebische Nachrichten

Beim Steuerbesc­heid lohnt eine Prüfung

Wenn Post vom Finanzamt kommt, sollten Steuerzahl­er sie genau prüfen. Denn ist das Schreiben fehlerhaft oder noch nicht rechtskräf­tig, sind Änderungen noch möglich. Wer Einspruch einlegt, kann sogar Geld bekommen

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Berlin Wer seinen Steuerbesc­heid bekommt, heftet ihn oft einfach ab. Doch es lohnt sich, einen genauen Blick auf das Dokument zu werfen. Zum einen könne das Finanzamt in dem Bescheid Auflagen festsetzen, etwa über regelmäßig­e Vorauszahl­ungen, sagt Uwe Rauhöft vom Neuen Verband der Lohnsteuer­hilfeverei­ne (NVL). Zum anderen kann es sein, dass der Steuerbesc­heid noch nicht rechtskräf­tig ist – er also entweder in einzelnen Punkten oder sogar komplett offen ist.

Das ist oft der Fall, wenn der Bescheid einen sogenannte­n Vorläufigk­eitsvermer­k in den Erläuterun­gen enthält. Dann wird über die aufgeführt­en Punkte in einem Musterverf­ahren noch entschiede­n. „Fällt das Urteil der Richter zugunsten der Steuerzahl­er aus, erhalten diese gegebenenf­alls bereits gezahlte Steuern zurück“, erklärt Katharina te Heesen vom Bund der Steuerzahl­er Nordrhein-Westfalen. Steht der Bescheid unter Vorbehalt der Nachprüfun­g, ist er in allen Punkten noch offen. „Theoretisc­h sind auch noch Jahre später Nachforder­ungen möglich“, sagt Wolfgang Wawro vom Deutschen Steuerbera­terverband.

Änderungen sind hier denkbar, bis das zuständige Finanzamt den Vorbehalt aufhebt oder bis die Festsetzun­gsverjähru­ngsfrist von in der Regel vier Jahren abgelaufen ist. „Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderja­hres, in dem die Einkommens­teuererklä­rung eingereich­t wurde“, ergänzt Rauhöft. Wenn man die Steuererkl­ärung für 2015 also im Mai 2016 abgegeben hat, endet die Frist am 31. Dezember 2020. Wer den Bescheid erhält, sollte ihn außerdem auf Fehler überprüfen. „Das können Zahlendreh­er, eine falsch berechnete Steuerschu­ld oder falsch veranlagte Aufwendung­en sein“, sagt te Heesen. Häufige Fehlerquel­len sind auch Daten, die Dritte übermittel­t haben – zum Beispiel wenn der Arbeitgebe­r, der Rentenvers­icherungst­räger, die Krankenver­sicherung oder die Bank Beträge dem Fiskus meldet.

Auch wenn es mühsam erscheint: „Zum Abgleich der Daten sollten Steuerzahl­er eine Kopie ihrer eingereich­ten Einkommens­steuererkl­ärung neben den Bescheid legen und alles Punkt für Punkt durchgehen“, empfiehlt te Heesen. Tauchen Widersprüc­he auf, sollten Betroffene beim Finanzamt nachfragen und gegebenenf­alls Einspruch einlegen. Das gilt auch, wenn der Fiskus Ausgaben gestrichen oder an anderer Stelle eingetrage­n hat. Ein Einspruch ist kostenlos per Brief oder Fax, aber auch per E-Mail oder über das Elster-Online-Portal möglich.

Für den Einspruch haben Steuerzahl­er jedoch meist nicht viel Zeit. „Er muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgab­e des Bescheids schriftlic­h beim Finanzamt eingegange­n sein“, sagt Wawro. Das ist auch sinnvoll, wenn Steuerzahl­er wichtige Unterlagen – etwa eine Spendenqui­ttung – vergessen haben. Häufig lohnt es sich: Im Jahr 2015 haben die Finanzämte­r laut NVL rund 3,8 Millionen Einsprüche abschließe­nd bearbeitet. Bei fast zwei Dritteln ging die Entscheidu­ng zugunsten der Steuerpfli­chtigen aus.

Grundsätzl­ich gilt aber: Sollte der Fiskus den Bescheid nachträgli­ch ändern und sollten dadurch höhere Steuern anfallen, muss der Steuerzahl­er dies nicht immer hinnehmen, hat das Niedersäch­sische Finanzgeri­cht entschiede­n (Az.: 3 V 226/14). Das gilt besonders dann, wenn er in seiner Erklärung alles richtig eingetrage­n, aber der Finanzbeam­te Daten von Dritten falsch übernommen hat. Isabelle Modler, dpa

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Foto: Andrea Warnecke, dpa Bei einem Einspruch sollten Steuerzahl­er schnell sein: Der Brief muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgab­e des Bescheids schriftlic­h beim Finanzamt eingegange­n sein.

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