Mittelschwaebische Nachrichten

Neymar nimmt für Brasilien Revanche

Der Superstar spielt die Hauptrolle beim deutsch-brasiliani­schen Wiedersehe­n. Die DFB-Auswahl ist dem Olympiasie­g genauso nah wie der Gastgeber. Am Ende aber fühlt sich ein deutscher Spieler als „der Doofe“

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der Goldmedail­le so nah gewesen“, meint der Leverkusen­er Julian Brandt, der als einer der Ersten wieder lächeln kann. „Wir müssen schauen, dass wir jetzt wieder Stimmung in den Laden bekommen.“

Die Verlierer gehen nicht leer aus, sondern tragen die Silbermeda­ille um den Hals. „Ich bin froh und stolz, Teil dieser Mannschaft zu sein“, sagt der Augsburger Philipp Max, der im Finale nicht zum Ein- kam. „Wir wussten, dass es ein offenes Spiel werden würde. Es ist Wahnsinn, dass es sogar bis ins Elfmetersc­hießen ging.“

In der aufgeheizt­en Atmosphäre von Maracanã lassen sich die Spieler um Kapitän Max Meyer (Schalke 04) von den technische­n Feinheiten der Brasiliane­r nicht beeindruck­en. Sie haben sogar das Pech, dass drei ihrer Angriffsve­rsuche in der ersten Halbzeit an der Querstange des brasind silianisch­en Tores enden. Neymar bringt den Ball dagegen spektakulä­r ins Ziel. Einen Freistoß aus rund 28 Metern schlenzt er perfekt über die deutsche Mauer, der Ball berührt auch hier das Gestänge ganz leicht, segelt dann aber weiter ins Tor. Der Dirigent gibt in der 26. Minute den Takt vor, auf den Rängen singen und tanzen über 60000 Menschen. Neymar hat sie ihrem Traum ein Stück näher gebracht.

Ein brutaler Tritt eines Kolumbiane­rs hatte vor zwei Jahren die Weltmeiste­rschaft für ihn sehr früh beendet. Neymar musste als Zuschauer mit ansehen, wie die Seleção im WM-Halbfinale beim 1:7 von der deutschen Auswahl in alle Einzelteil­e zerlegt wurde. Diese Niederlage lastet schwer auf der brasiliani­schen Fußballsee­le, Olympia soll helfen, die Wunde zu schließen.

Doch zunächst müssen Neymar und seine Kollegen den Ausgleich hinnehmen. Kapitän Meyer trifft nach schönem Pass von Jeremy Toljan (TSG Hoffenheim) zum 1:1 (59. Minute). „Das war nach den Chancen in der ersten Halbzeit verdient“, betont Philipp Max. Als aber wenig später Lars Bender nach einem schmerzhaf­ten Zweikampf ausgewechs­elt werden muss, geht im Mittelfeld die Ordnung verloren. „So ein Ausfall tut weh. Lars und sein Bruder Sven waren mitverantw­ortlich dafür, dass wir in diesem Tursatz nier so weit gekommen sind“, sagt Max.

Neymar nutzt den zusätzlich­en Freiraum für Zuckerpäss­e, seine Mitspieler können damit allerdings wenig anfangen oder sie werden vom deutschen Abwehrverb­und im letzten Moment gestoppt. Das ändert sich auch in der Verlängeru­ng nicht. Die Zuschauer bekommen einen allerletzt­en Höhepunkt – das Elfmetersc­hießen.

Es wird für die ausgewählt­en deutschen Kandidaten zum ultimative­n Nerventest. „Es ist schon Wahnsinn, wenn dich ein ganzes Stadion auspfeift. Aber dafür wurden wir ausgesucht, dass wir uns davon nicht beeindruck­en lassen“. Julian Brandt verwandelt ebenso wie Matthias Ginter, Serge Gnabry und Niklas Süle. Erst Nils Petersen findet seinen Meister. „Es ist ein langer Weg bis zum Elfmeterpu­nkt. Ich habe versucht, cool zu bleiben.“Doch Torhüter Weverton wirft sich auf die richtige Seite und gibt damit die Vorlage für Neymars ganz großen Auftritt. „Die Jungs haben Überragend­es geleistet, sie sind Gewinner und nicht Verlierer“, verteilt Trainer Horst Hrubesch zum allerletzt­en Mal Kompliment­e. Es war sein Abschiedss­piel. „Aber ich werde mich jetzt nicht aufs Sofa setzen und nichts mehr tun.“Von Ruhestand hält der 65-Jährige wenig.

»Porträt

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Foto: imago Alle gegen Neymar: Hier versuchen Matthias Ginter, Serge Gnabry, Niklas Süle, Grischa Prömel, Jeremy Toljan (von links) den Brasiliane­r am Torschuss zu hindern.

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