Mittelschwaebische Nachrichten
Neid geht ohne Wehmut
Die Bundestrainerin verabschiedet sich mit dem Olympiasieg. Gold bekommt sie dafür aber nicht
Rio Nach einer rauschenden GoldParty nahmen die deutschen Fußball-Frauen bereits die nächsten Titel-Ziele ins Visier, nur Bundestrainerin Silvia Neid schmiedete in der Stunde ihres Bilderbuch-Abschiedes eigene Pläne. „Nach so vielen Jahren bei der Nationalmannschaft ist das Baby jetzt groß und aus dem Haus, da kann ich auch mal wieder was für mich tun“, sagte Neid am Morgen nach der großen Olympiasieger-Sause im Deutschen Haus. Mit dem historischen Triumph erfuhr ihre imposante Trainer-Laufbahn einen krönenden Abschluss, zu dem selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte. Und auch Weltmeister-Coach Joachim Löw meldete sich aus der Heimat zu Wort. „Dieser Erfolg ist in erster Linie auch ein Verdienst von Silvia Neid. Sie ist eine außerordentliche Trainerin, mit der ich mich immer gerne ausgetauscht habe“, übermittelte Löw. „Ich bedauere sehr, dass sie nun aufhört. Sie hat unserer FrauenNationalmannschaft und dem Frauenfußball insgesamt ihren Stempel aufgedrückt.“
Die Fußstapfen, die Neid hinterlässt, sind riesig. Für DFB-Präsident Reinhard Grindel ist sie die Frau, „die den deutschen Frauenfußball am meisten geprägt hat“. Grindel äußerte zugleich die Hoffnung, der Olympiasieg möge einen weiteren Schub geben – und erntete umgehend Widerspruch von Neid. „Wie viele Schübe brauchen wir denn noch?“, sagte sie verblüfft. „Ich denke, dass wir im deutschen Frauenfußball wirklich gute Strukturen haben.“Deshalb verlässt Neid die große Fußball-Bühne ohne Wehmut. „Ich übergebe eine intakte Mannschaft an Steffi Jones.“Nach dem WM-Titel 2007 sowie den EM-Siegen 2009 und 2013 ist Neid nun auch im Olymp angekommen – auch wenn ihr die Goldmedaille verwehrt blieb. Die ist ausschließlich den Sportlern vorbehalten. Der Triumph im legendären Maracanã verschaffte der 52-Jährigen aber auch so ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit: „Das kann man fast nicht in Worte fassen. Das ist ja das Besondere, wenn man so ein Turnier gewinnt, wenn man dort ankommt, wofür man arbeitet. Das erfüllt einen mit Stolz.“Der 2:1-Sieg im Finale gegen Schweden wurde daher ausgiebig gefeiert. Zweieinhalb Stunden nach dem Abpfiff schallten immer noch Jubellieder aus der Kabine, ehe es zur großen Party ins Deutsche Haus ging. Zwischen Bier, Schampus und Caipirinha dachten die Gold-Ladys aber schon an die Zukunft. „Wenn man diese Medaille um den Hals fühlt, will man das immer wieder erleben“, sagte Anja Mittag. Ein Karriereende war für die 31-Jährige in der Stunde des großen Triumphes ganz weit weg: „Ich werde den Weg mit Steffi Jones weiter mitgehen.“Neid wird ihre Nachfolgerin, die schon am Mittwoch bei der Tagung mit den Bundesliga-Trainern ihr Konzept vorstellt, dezent im Hintergrund begleiten – in der Scouting-Abteilung für Frauen- und Mädchenfußball. (dpa) bis zur Main Transport Mall im Westen, eine Art olympischer Sammelbahnhof, dauert es rund 90 Minuten. Wer Glück hat, findet schnell Anschluss. Ich habe es nicht. Mein Bus nach Deodoro im Norden geht erst in 45 Minuten. Rio morgens um vier am Busbahnhof kann nervtötend sein. Die letzte Etappe dauert nur noch 35 Minuten.
Bald wird es hell, die Disziplin „Schlaf“fällt kurz aus. Diese Nacht war sehr speziell, aber Rio ist Rekordhalter in Sachen Entfernung. Ein Olympia-Reporter sitzt fast ständig im Bus. Zum Glück gibt es die App auf dem Handy, die zumindest mit 80-prozentiger Trefferquote verrät, wie sich am schnellsten von A nach B kommen lässt. Wer wie ein Hamster in einer ständigen Stadtrundfahrt ist, dem prägen sich immer dieselben Bilder ein. Hochhäuser, malerische Strandabschnitte, majestätische Berge, noble Viertel und dann als Kontrast das andere Rio. Menschen, die in Abfalleimern wühlen, in Wellblech-Wohnhöhlen oder auf der Straße leben.
Um Mondo Novo – aufwühlende Bilder für den verwöhnten Europäer. Die Bus-Allergie wird ein Andenken an Rio bleiben. Ebenso wie die allgegenwärtigen Soldaten mit ihren Gewehren, die aus Rio eine Art olympische Militär-Weltmeisterschaft gemacht haben. Die Sicherheit war gewährleistet, die Gesundheit nicht. Eine Erkältung behindert den journalistischen Endspurt. Sind nur die Klimaanlagen schuld oder ist doch Zika im Spiel? Nein, wir haben es drei Wochen nicht gemacht und wollen auch jetzt aus der Mücke keinen Elefanten machen.