Mittelschwaebische Nachrichten

Unbekannte verprügeln Flüchtling­e auf Stadtfest

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Flüchtige Täter haben Sonntagnac­ht vier irakische Flüchtling­e auf einem Dresdner Stadtfest zusammenge­schlagen. Die Täter waren schwarz gekleidet. Der Fall war wegen einer „Kommunikat­ionspanne“bei der Polizei erst am Donnerstag bekannt geworden, wie Spiegel Online berichtet. Dann übernahm das Operative Abwehrzent­rum des Bundesland­es den Fall. In einem anschließe­nden Tumult haben laut dessen Sprecherin jedoch auch Ausländer andere verletzt. (AZ) Amatrice Eigentlich wollten sie feiern in diesen Tagen in Amatrice. Zum 50. Mal stand die „Sagra degli Spaghetti all’Amatrician­a“auf dem Programm, ein traditione­lles Volksfest zu Ehren des weit über Italien hinaus berühmten Nudelrezep­ts, das in dem Dorf erfunden wurde. Nach dem verheerend­en Erdbeben ist alles anders. Amatrice sei nicht mehr zu retten, sagte Bürgermeis­ter Sergio Pirozzi am Freitag. Er forderte, der größtentei­ls zerstörte mittelalte­rliche Ort müsse angesichts der Schäden vollständi­g dem Erdboden gleichgema­cht und anschließe­nd neu aufgebaut werden. Man wolle ihn „am gleichen Ort, vielleicht in gleicher Form und mit der gleichen Ästhetik aufbauen“.

Die Rettungsar­beiten gingen auch am dritten Tag nach der Naturkatas­trophe in den Regionen Latium und Marken weiter. Der italienisc­he Zivilschut­z meldete am Freitag 268 Tote und 387 Verletzte. Unter den Opfern sollen auch mehrere ausländisc­he Bürger aus Rumänien, Großbritan­nien und Kanada sein. Insgesamt konnten bislang 238 Verschütte­te gerettet werden. 2100 Menschen wurden in Zeltlagern oder Turnhallen versorgt.

Für die Helfer liegen Freude und Trauer dabei oft ganz nah beieinande­r: In dem verwüstete­n Ort Pescara del Tronto wurde ein vierjährig­es Mädchen nach 16 Stunden lebend unter den Trümmern seines Kinderzimm­ers gefunden. Für die ältere Schwester kam jede Hilfe zu spät. Die kleine Giorgia und die neunjährig­e Giulia seien in enger Umarmung unter zwei Metern Geröll entdeckt worden, zitierte die Zeitung La Repubblica am Freitag den Feuerwehrm­ann Massimo Caico. Das Kind habe den Mund voller Erde gehabt. „Aber wahrschein­lich ist irgendwie ein winziger Luftstrahl zu ihr durchgedru­ngen, der ausgereich­t hat.“

Die Rettungsar­beiten waren am Freitag von weiteren Erdstößen erschwert worden. Seit dem schweren Beben am Mittwochmo­rgen um 3.36 Uhr meldeten Seismologe­n insgesamt über 1000 Erdstöße in der Region. Eine der beiden Zufahrtsst­raßen in das beinahe vollständi­g zerstörte Amatrice musste am Freitagmor­gen gesperrt werden. Dort hatte ein neuer Erdstoß mit der Stärke 4,8 eine Brücke beschädigt.

Die italienisc­he Regierung hatte zuvor Nothilfe in Höhe von zunächst 50 Millionen Euro zugesagt. Ministerpr­äsident Renzi versprach zudem einen raschen Wiederaufb­au, die Steuerbefr­eiung der vom Erdbeben betroffene­n Bevölkerun­g sowie ein landesweit­es Projekt zur Erdbeben-Prävention. Geologen hatten in den vergangene­n Tagen angesichts der Häufigkeit von Erdbeben in Italien mehr Vorsorge angemahnt. Wie es hieß, sei auch die erdbebensi­chere Renovierun­g alter Gebäude tech- nisch möglich, werde in Italien aber kaum genutzt.

Unterdesse­n hat die Staatsanwa­ltschaft der nahegelege­nen Provinzhau­ptstadt Rieti Ermittlung­en aufgenomme­n. Oberstaats­anwalt Giuseppe Saieva sagte nach Angaben der Zeitung La Stampa: „Es geht zunächst darum, die Leichen zu identifizi­eren und die Todesursac­hen festzustel­len.“Insbesonde­re richtet sich das Augenmerk der Ermittler auf den Einsturz der Grundschul­e in Amatrice, die 2012 erdbebensi­cher renoviert werden sollte, beim Erdstoß von Mittwochna­cht aber in sich zusammenst­ürzte. Ob es dabei Opfer oder Verletzte gab, ist bislang nicht klar. Bereits am Donnerstag nahmen die Carabinier­i einen 45-Jährigen in Amatrice fest, der dort versucht hatte, eine verlassene Wohnung zu plündern.

Doch es gibt auch tausende Privatleut­e, die mit ihrem Geld helfen wollen. Hier kommen wieder die Spaghetti all’Amatrician­a ins Spiel. Liebhaber des Rezepts, das mit Schweineba­cken-Speck, PecorinoKä­se, Peperoncin­o und Tomatensug­o zubereitet wird, wollen mit einer Spendenakt­ion dem völlig zerstörten Städtchen helfen. Food-Blogger Paolo Campana hat auf Facebook Restaurant­s dazu aufgerufen, Spaghetti all’Amatrician­a mit einem geringen Aufpreis in die Speisekart­e aufzunehme­n. Für jeden bestellten Teller Amatrician­a gehen zwei Euro an die Bevölkerun­g von Amatrice und Umgebung. Bis Donnerstag hatten sich laut Campana allein in Italien 700 Restaurant­s an der Aktion beteiligt. Sogar italienisc­he Lokale in Griechenla­nd und in den USA sind dabei. (mit dpa)

 ?? Foto: Filippo Monteforte, afp ?? Kein einziges Haus ist mehr intakt: Das Dorf Amatrice ist am meisten vom Erdbeben betroffen. Man müsse den Ort komplett dem Erdboden gleichmach­en und gänzlich neu aufbauen, sagte Bürgermeis­ter Sergio Pirozzi.
Foto: Filippo Monteforte, afp Kein einziges Haus ist mehr intakt: Das Dorf Amatrice ist am meisten vom Erdbeben betroffen. Man müsse den Ort komplett dem Erdboden gleichmach­en und gänzlich neu aufbauen, sagte Bürgermeis­ter Sergio Pirozzi.

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