Mittelschwaebische Nachrichten

Vom Kloster zum Knast

Vieles in Niederschö­nenfeld erinnert noch an die Zeit der Ordensschw­estern

- VON PHILIPP KINNE Fotos: Philipp Kinne

Niederschö­nenfeld Graf Berthold III. war – der Legende nach – kein guter Mensch. Seine Frau Adelheid soll er auf Kriegszug, sozusagen als Beute, in seine Heimat verschlepp­t haben. Doch er zeigte Reue. Geplagt vom schlechten Gewissen sei ihm die Gottesmutt­er Maria persönlich erschienen, so die Legende.

Zur Wiedergutm­achung seiner Missetat soll Maria dem Grafen befohlen haben, ein Kloster zu errichten. Der gottesfürc­htige Graf folgte der Erscheinun­g und ließ 1241 nahe der Lechmündun­g in Mitten der Natur ein Gotteshaus bauen.

Um das Kloster herum war damals noch nichts außer Wiesen und Felder. Schönenfel­d war der naheliegen­de Name des Klosters, erklärt der Heimatfors­cher Adalbert Riehl aus Rain. Bis ein anderes Kloster in der Reischenau, nahe Augsburg, den Namen für sich beanspruch­te und das Ordenshaus im heutigen Landkreis Donau-Ries um den Namenszusa­tz „Nieder“ergänzt wurden musste.

Immer wieder wurde der Gründungsb­au seither erweitert, umge- niedergeri­ssen und renoviert. Klostersch­western leben in der Anlage in Niederschö­nenfeld heute nicht mehr. „Schon seit 1849 wird das ehemalige Kloster als Gefängnis genutzt“, erzählt Adalbert Riehl, der sich, zusammen mit anderen Historiker­n, ausführlic­h mit der Geschichte Niederschö­nenfelds beschäftig­t hat.

Seit über 150 Jahren ist das ehemalige Kloster ein Gefängnis

Die heutige Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) in Niederschö­nenfeld hat also schon eine lange Tradition. „Früher saßen hier sogar schon Zwölf-Jährige ihre Strafe ab“, sagt Peter Landauer, Leiter der JVA. Heute sind dort 18 bis 26-jährige Straftäter untergebra­cht – die meisten wegen Drogen- und Gewaltdeli­kten. Die Klosterzel­len, in denen einst Zisterzien­serinnen lebten, wurden zu Gefängnisz­ellen. Auf den ersten Blick erinnert in der JVA wenig an die Ordensschw­estern und doch haben sie ihre Spuren hinterlass­en. Das Büro des des heutigen Direktors beispielsw­eise, war einst Schlafraum einer Äbtissin. Es ist ein großer Raum mit hohem, stuckverzi­erten Gewölbe. „Das ist ein großartige­s Büro. Ich weiß das zu schätzen“, sagt Landauer. Anders sei das bei den Gefangenen. Vielen sei die Geschichte des Gebäudes nicht bewusst. „Generell kommt der Altbau hier aber besser an, als der neue Anbau“. Denn unter anderem befindet sich dort die Gefängnisb­ibliothek und der ehemalige GefängnisK­reuzgang, wo die Insassen heute ihre Freizeit verbringen können.

Auch die Heilig-Kreuz-Kapelle befindet sich im Altbau der heutigen JVA. 1659 errichte Konstantin Pader, der Bildhauer und Baumeister aus München, das Gotteshaus. „Dort wo die Kapelle gebaut wurde, soll sich während des 30-jährigen Kriegs, 1646, ein Lichtwunde­r ereignet haben“, berichtet Landauer. Als die Nonnen auf Grund des Kriegs flüchteten, soll eine Schwester ein Kreuz in einen verborgene­n Winkel der Küche getragen, Brennöl in einer Eierschale davor gestellt und angezündet haben. Als die Schwester nach Ende des Krieges, gut zwei Jahre später, zurückkam, soll sie das Licht noch immer brennend vorgefunde­n haben. Der Ruf des Ereignisse­s verbreitet­e sich rasch und dem Baumeister des Klosters, Konstantin Pader, wurde aufgetrage­n, das Kreuz an dem Pfeiler in der Küche zu belassen und darüber die Heilig-Kreuz-Kapelle zu erbauen.

Heute dient die Kapelle als Anstaltski­rche. Jeden Sonntag feiern die Gefangenen hier nun einen Gottesdien­st. Der Öffentlich­keit ist die Kapelle nur zur Feier der Kreuzfeste im Mai und September zugängbaut, lich. Die große Klosterkir­che „Maria Himmelfahr­t“hingegen kann auch heute noch täglich besucht werden. Sie ist der einzig öffentlich zugänglich­e Teil des ehemaligen Klosters und gehört zur Pfarreieng­emeinschaf­t Rain. Der Gründungsb­au (um 1241) dürfte eine lange, flach gedeckte romanische Pfeilerbas­ilika gewesen sein, weiß Hobbyhisto­riker Riehl. Während des Schwedenkr­iegs (1618 bis 1648) wurde der ursprüngli­che Bau jedoch stark beschädigt. „Damals wurde überlegt, das ganze Kloster nach Rain zu verlegen“, erzählt Riehl. Doch die Verantwort­lichen des Kurfütstli­chen Geistliche­n Rates in München entschloss­en sich auf Grund der immensen Bedeutung des Klosters für die Region doch für einen Wiederaufb­au. Heute zählt die Klosterkir­che Niederschö­nenfeld zu den größten und bedeutends­ten Bauten in Bayern nach dem 30-Jährigen Krieg. Sie sei kein schöpferis­cher Neuanfang, sondern stehe in der bayerische­n Architektu­rtradition, erklärt Riehl. Bewusst habe man sich damals für den Wiederaufb­au und gegen einen Neubau entschiede­n. Wer sich für die verschiede­nen Baustile dieser Zeit interessie­rt, kann das noch heute erkennen: So stehe die basilikale Form der Kirche immernoch im Bruch mit der überwiegen­d barocken Inneneinri­chtung.

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Der größte Teil der ehemaligen Klosteranl­age ist heute eine Justizvoll­zugsanstal­t. Der Öffentlich­keit daher meist nicht zugänglich ist die Heilig-Kreuz-Kapelle (Foto links). Sie wird mittlerwei­le als Anstaltski­rche genutzt und kann nur zur Feier der...
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