Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Sex-Video mit Folgen
Drei Wochen Dauerarrest für einen 20-Jährigen
Unterallgäu Es ist nur ein kurzes Video, um das es in diesem Gerichtsprozess geht. Und doch ist es alles andere als harmlos – für alle Beteiligten. Darauf zu sehen ist eine minderjährige Unterallgäuerin beim Oralverkehr mit einem Mann. Weil er das Video, das sein Bekannter gedreht hatte, auf seinem Handy gespeichert hat, musste sich nun ein 20-Jähriger vor Jugendrichter Markus Veit verantworten. Der Angeklagte hat Angst, dass ihn eine Verurteilung seinen Job kostet.
Es war im Fasching dieses Jahres, bei Veranstaltungen in Mindelheim und Pfaffenhausen, als der Unterallgäuer zwei Mädchen mehrfach beleidigt, sie unter anderem als „Schlampe“bezeichnet. Eines der Mädchen, das den 20-Jährigen eigenen Worten zufolge kaum kennt, bohrt nach, warum er sie so nennt. Irgendwann zeigt er ihr das Video, auf dem ihre Freundin zu sehen ist. Diese hatte nicht mitbekommen, dass der Mann sie filmte.
Der Mann aus dem Video wird sich wohl vor dem Erwachsenenrichter für seine Taten verantworten müssen. Sein 20-jähriger Kumpel stand als Heranwachsender noch vor Jugendrichter Veit: Weil er die Mädchen beleidigt hatte, das jugendpornografische Material besessen und verbreitet und den „höchstpersönlichen Lebensbereich durch Bildaufnahmen“verletzt hatte, wie es hieß.
Der 20-Jährige war sich kaum einer Schuld bewusst. Er habe das Video ja nicht selbst gedreht, sondern nur zugeschickt bekommen. Für die Beleidigungen habe er sich bei den Mädchen entschuldigt, sagte er. Und auf dem laut seiner Aussage nur wenige Sekunden dauernden Film „sieht man kein Geschlechtsteil und kein Gesicht“. Die 16-Jährige hat das Video, das sie zeigt, nie ganz gesehen, wie sie vor Gericht erklärte. Als sie erfuhr, dass der Mann sie gefilmt hatte, habe sie Anzeige erstattet – so wie ihre ebenfalls 16 Jahre alte Freundin, der der Angeklagte das Video gezeigt hatte.
Richter Veit konnte sein Entsetzen kaum verbergen und wandte sich direkt an den Angeklagten: „Du bist keinen Deut besser als der andere und dann stellst du dich moralisch über die Mädels und nennst sie Schlampe.“In Richtung der Mädchen sagte er: „Ihr Mädels seid keine Objekte. Die behandeln Euch nicht als Mensch, sondern als Objekt.“Die Sexualität sei „Eure Sache, aber dass ihr dafür beschimpft werdet, ist pervers“.
Der Angeklagte ist schon mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Unter anderem lief vor fünf Jahren – also als er noch minderjährig war – ein Verfahren gegen ihn, weil er Pornos besessen hatte. Gerade deshalb meinte Richter Veit in Bezug auf den aktuellen Fall zu ihm: „Wenn du so was aufs Handy kriegst, sollten alle Alarmglocken läuten.“Er hätte den Film sofort löschen und seinen Bekannten darauf ansprechen sollen, fand Veit. Stattdessen sei der 20-Jährige auf die Mädchen zugegangen und habe sie angesprochen. Die Staatsanwaltschaft forderte einen Dauerarrest von vier Wochen. Der Angeklagte, der ohne Verteidiger erschienen war, stellte keinen konkreten Antrag, sondern formulierte nur seine Angst vor einem Eintrag im erweiterten Führungszeugnis. Er arbeitet im sozialen Bereich – mit einem Eintrag „wäre meine komplette Zukunft ruiniert“. Richter Veit verwarnte den 20-Jährigen und verurteilte ihn zu drei Wochen Dauerarrest. Außerdem muss der Angeklagte 600 Euro Schmerzensgeld an das Mädchen zahlen, das auf dem Video zu sehen ist, und 150 Euro an die Freundin, der er das Video gezeigt hat. In seiner Urteilsbegründung sprach Veit von einer „ganz üblen Sache“. „Einsteils engagierst du dich im sozialen Bereich, andererseits ist dein Menschenbild völlig schräg“, sagte er zu dem Angeklagten, dessen Verhalten in Bezug auf die Mädchen er als „menschenverachtend“beurteilte. „Wenn du deinen Job verlierst, ist das deine Schuld.“Der Angeklagte kündigte an, gegen das Urteil vorzugehen.