Mittelschwaebische Nachrichten
SPD-Chef fordert eine Obergrenze für Flüchtlinge
Migration Heuer werden bis zu 300000 erwartet. 2015 waren es weniger als gedacht. Söder will Hunderttausende zurückschicken
Berlin SPD-Chef Sigmar Gabriel ist in der Flüchtlingspolitik auf Konfrontationskurs zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegangen. Im ZDF sagte der Vizekanzler, es gebe die Notwendigkeit einer Obergrenze beim Zuzug. Gabriel: „Wir haben immer gesagt, es ist undenkbar, dass Deutschland jedes Jahr eine Million Menschen aufnimmt.“
Die Union habe die Herausforderung durch die Flüchtlinge unterschätzt, sagte der SPD-Vorsitzende. Es reiche nicht, wie Merkel ständig zu sagen: „Wir schaffen das.“Kanzlerin und Union müssten „die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir es auch hinkriegen. Und das hat die CDU/CSU immer blockiert.“Die Obergrenze liegt für Gabriel „bei der Integrationsfähigkeit eines Landes“. Zwar kenne das Asylrecht keine Obergrenze. Die Mehrzahl der Menschen, die nach Deutschland kommen, beantragten aber auch gar nicht politisches Asyl.
Das Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) rechnet in diesem Jahr mit höchstens 300000 Flüchtlingen. Die Behörde stelle sich auf 250 000 bis 300000 Menschen ein, sagte BamfChef Frank-Jürgen Weise der Bild am Sonntag. Er räumte ein, dass die Integration der Flüchtlinge auf dem insgesamt weiter robusten Arbeitsmarkt schwierig sei.
Bis zu 300000 Flüchtlingen könne seine Behörde „einen optimalen Ablauf garantieren“, sagte Weise. „Wenn mehr Menschen kommen, kommen wir unter Druck.“Im vergangenen Jahr nahm Deutschland laut Weise allerdings weniger Menschen auf als bisher gedacht. Grund seien Doppelregistrierungen und Weiterreisen, sagte der Bamf-Chef. Eine exakte Zahl nannte er nicht. Sie werde demnächst vorgestellt. Sicher sei aber, dass weniger als eine Million Menschen gekommen sind.
Weise erwartet insgesamt hohe Kosten für die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt. „Es wird lange dauern und viel kosten“, sagte er. 70 Prozent derer, die seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr nach Deutschland gekommen sind, seien zwar erwerbsfähig, doch werde „ein Großteil von ihnen zunächst in die Grundsicherung fallen, bevor wir sie in Arbeit bringen“. Der Anteil der Akademiker unter den Flüchtlingen und Migranten schätzt er auf etwa zehn Prozent.
Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, erwartet nicht, dass Deutschland wirtschaftlich vom Flüchtlingszuzug profitiert. „Viele optimistische Prognosen des letzten Jahres sind inzwischen kassiert worden“, sagte er. „Es wird kein zweites Wirtschaftswunder durch Flüchtlinge geben.“Die exakten Kosten und Erträge des Flüchtlingszuzugs könne man zwar kaum seriös beziffern, so Fuest. Aber aufgrund mangelhafter Berufsqualifikation und Schulbildung solle man nicht zu viel erwarten. „Die Mehrheit der Flüchtlinge wird deutlich mehr Leistungen empfangen, als sie Steuern zahlen wird, auch nach Integration in den Arbeitsmarkt.“
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sprach sich dafür aus, Flüchtlinge zu Hunderttausenden in ihre Heimatländer zurückzuschicken. Statt Familiennachzug brauche man „die Rückführung von mehreren hunderttausend Flüchtlingen in den nächsten drei Jahren“, sagte Söder dem Spiegel. „Selbst beim besten Willen“werde es nicht gelingen, „so viele Menschen aus einem fremden Kulturkreis erfolgreich zu integrieren“. Söder verwies darauf, dass es aus Sicht des Bundesinnenministeriums in zahlenmäßig wichtigen Herkunftsländern wie Afghanistan und dem Irak schon heute sichere Gebiete gebe. „Und auch in Syrien wird der Bürgerkrieg irgendwann enden. Das Asylverfahrensgesetz sieht vor, dass bei Wegfall des Fluchtgrunds die Menschen in ihre Heimat zurückkehren.“(epd, afp, kna, dpa) »Kommentar