Mittelschwaebische Nachrichten
Im Reich der Nackerten
Wie viel Bekleidung ist Frauen beim Baden erlaubt? Dieses Thema wurde in den vergangenen Monaten in vielen Ländern Europas heiß diskutiert. Natürlich auch in Bayern, wo die Welle der BurkiniDebatte an den Gestaden der Gewässer im Freistaat spätsommerlich ausplätschert. Wer in diesen Tagen über ein Verbot der Ganzkörperverhüllung sinniert, der sollte auch über die Folgen eines Zwangs zur kompletten Enthüllung nachdenken.
Nehmen wir eine Strandsauna in einem idyllischen Tal an einem oberbayerischen See, wo Liegen in unmittelbarer Wassernähe einladen. Wer dort die einzig weiße Stelle seines ansonsten gebräunten Körpers vor Sonnenbrand schützen möchte und in Badeshorts schlüpft – was übrigens nirgendwo schriftlich verboten ist – wird bald mit dem Schatten eines sumoringerartigen Mannsbildes konfrontiert, der der Hamam-Chef zu sein scheint und sich als solcher vorstellt. Jener, übrigens auch nicht textilfrei, da er ein XXLHandtuch um die mächtigen Hüften geschlungen hat, scheint der gestrenge Hüter der Nacktheit zu sein: „Ich beobachte Sie jetzt schon länger. Wir sind hier textilfrei. Ziehen Sie endlich Ihre Badehose aus!“
So wird man zum Außenseiter im Reich der Hüllenlosen, deren mit Fragen getränkte Blicke sich in die Lendengegend des Verhüllten bohren: Warum ist der nicht nackt? Will der sich sattsehen an der Nacktheit der anderen, ohne sich selbst zu entblößen? Ist das ein Sittenstrolch?
Was lernen wir? Wer sich nicht textilfrei in eine oberbayerische Seesauna begibt, kriegt eine Ahnung davon, dass zwischen Freikörperkultur und der Diktatur der Nackerten manchmal kaum ein Unterschied ist. In diesem Sinne: Es lebe der Burkini! Und noch ein Hinweis: Legen Sie Ihr Handtuch über die Hüften und nutzen Sie die Badehose als Kopfpolster, nicht umgekehrt. Denn dieses Textil, also das Handtuch, ist als Lendenschutz erlaubt.