Mittelschwaebische Nachrichten
Der nächste Anlauf
Angelique Kerber unternimmt bei den US Open einen neuen Versuch, die Nummer eins zu werden. Ihr Rezept dafür: Gelassenheit. Aber auch Serena Williams hat ein historisches Ziel
New York Ein Rekordpreisgeld von 46,3 Millionen Dollar, endlich ein Dach über dem größten Tennisstadion der Welt und erneut die historische Chance für Angelique Kerber: Wenn heute in New York das bunteste Grand-Slam-Spektakel des Jahres beginnt, muss Deutschlands Nummer eins alle Nebengeräusche und Störfaktoren ausblenden. Die Australian-Open-Siegerin, Wimbledonfinalistin und Silbermedaillengewinnerin der Olympischen Spiele kann ihr fantastisches Jahr 2016 mit der Übernahme der Spitzenposition krönen.
Doch all die Rechnerei, wie weit sie selbst bei den US Open kommen und wie sehr sie auf die zuletzt schwächelnde Serena Williams oder theoretische Konkurrentinnen um Platz eins wie Garbine Muguruza und Agnieszka Radwanska schielen muss, kontert Kerber mit Gelassenheit. Als es bei der traditionellen Pressekonferenz der Branchengrößen am Wochenende vor Turnierbeginn nur wenige Minuten bis zur Chance-auf-die-Nummer-einsFrage dauert, antwortet Kerber ironisch-lächelnd: „Ich liebe diese Frage, ich liebe sie wirklich.“
Vor einer Woche hat sie diese Aussicht im Finale von Cincinnati gelähmt. Als erst zweite Deutsche überhaupt nach Steffi Graf wäre Kerber die Nummer eins im Frauen-Tennis. Sie würde die jüngst angeschlagene Serena Williams nach 186 Wochen vom Tennis-Thron stoßen. Von einem Leben im Konjunktiv aber hält Kerber nichts. „Der Druck und die Erwartungshaltung sind immer da. Überhaupt diese Chance zu haben, bedeutet schon sehr viel. Sollte der Tag kommen, ist es großartig, aber ich werde mir deshalb nicht zu viel Druck auferlegen“, sagte sie. Vor einem Jahr wurde die Linkshänderin nach ihrem Drittrunden-Aus in Flushing Meadows Zeugin, wie die sonst so dominante Serena Williams an genau diesem Druck zerbrach und die Möglichkeit auf alle vier Major-Titel in einem Jahr verspielte. Auch in den kommenden zwei Wochen geht es für die 35-jährige Amerikanerin wieder um ein Stück Tennis-Historie. Mit ihrem 23. Grand-Slam-Titel würde sie an Steffi Graf (22) vorbeiziehen. Zudem würde Williams mit dann 187 Wochen am Stück als Weltranglisten-Erste Deutschlands Tennis-Legende auch diesen Rekord abjagen. „Ich denke nur von Tag zu Tag“, sagte Williams und gab sich trotz ihres ungewissen Fitnesszustandes und der leicht lädierten Schulter zuversichtlich.
Auch Kerber setzt auf Leichtigkeit. Früher als sonst reiste sie nach New York, ging shoppen, spazierte durch den Central Park und fuhr mit dem Schiff zur Freiheitsstatue.
Kerber ist eine von acht deutschen Profis. Auch die Spiele von Andrea Petkovic, Anna-Lena Friedsam, Sabine Lisicki, Mona Barthel, Carina Witthöft, Mischa Zverev und Dustin Brown sind am Eröffnungstag im völlig umgebauten Flushing Meadows Corona Park angesetzt. (dpa)