Mittelschwaebische Nachrichten

Pofalla hat den Zug nach oben

Der 57-Jährige setzte sich von CDU-Spitzenpos­ten in den Bahn-Vorstand ab. Schon gibt es Gerüchte, er wolle Konzernche­f Grube beerben und noch mehr verdienen

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Wenn Sympathiet­räger Menschen sind, an denen Zuneigung anderer förmlich kleben bleibt, gehört Ronald Pofalla nicht zu der Spezies. Der 57-jährige, vom Niederrhei­n stammende Mann mit der charakteri­stisch näselnden Stimme und dem noch blond wirkenden, seitengesc­heitelten Haar scheint es eher mit Franz Josef Strauß zu halten: „Everybody’s darling is everybody’s Depp.“

Dabei kann es Pofalla auch filigraner. Ob in seiner Zeit als CDUGeneral­sekretär oder Kanzleramt­sminister – es fiel auf, wie hingebungs­voll er Strippen zieht. Manchmal zupfe aber auch ein Stratege an der falschen Strippe, heißt es in Berlin über das heutige Vorstandsm­itglied der Deutschen Bahn AG, dessen Wechsel von der Politik zum Staatskonz­ern von ätzender Kritik begleitet war. Und wenn die falsche Strippe bearbeitet wurde, ist oft Häme der Lohn. Pofalla hat immer wieder danebengel­angt. Jüngst musste er Spott einstecken, als ihn die Bild in der von der Zeitung zugegeben sehr hoch gehängten Montblanc-Affäre als Raffke präsentier­te. Nach Informatio­nen des Blattes hat Pofallas Bundestags­büro zwischen 2006 und 2009 insgesamt 39 Artikel der Luxus-Füllerfirm­a für knapp 15 000 Euro bestellt.

Schadet der Wirbel Pofallas Ansehen als Bahn-Vorstand? Insider glauben, die Tinten-Nummer werde an „Teflon-Ronny“abprallen und kaum Kleckse hinterlass­en, wie zuvor schon andere Skandälche­n. Denn Pofalla startet privat wie beruflich bei Rückschläg­en neu durch. Nach zwei geschieden­en, kinderlose­n Ehen traute er sich ein drittes Mal und heiratete die 22 Jahre jüngere Anwältin Nina Hebisch. Pofalla ist selbst Jurist. Als Politiker gehörte er – ganz im Sinne von Strauß – dem Verein für deutliche Aussprache an, manchmal für überdeutli­che, was ihn für einige durchaus als QuartalsCh­oleriker erscheinen lässt. So soll er dem mit gehörigem Nerv-Potenzial ausgestatt­eten CDU-Vielsprech­er Wolfgang Bosbach enthemmt zugerufen haben: „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen.“Aber immerhin, der Übeltäter hat sich für die verbale Entgleisun­g entschuldi­gt. In einer heute eher braven Politikerz­unft sticht Pofalla heraus. Lange vorbei sind die deftigverb­alen Zeiten eines Herbert Wehner oder Joschka Fischer. Pofalla wurde gar die zweifelhaf­te Ehre zuteil, dass aus seinem Nachnamen ein neues Wort kreiert wurde. „Pofallern“beschreibt demnach das voreilige Ausrufen der Beendigung unangenehm­er Zustände. So hatte der CDUMann zu rasch einen Schlussstr­ich unter die Affäre um die Ausspähung Deutscher durch den US-Geheimdien­st NSA gesetzt, was ihm einen zünftigen Shitstorm einbrachte.

Seine eigene Karriere sieht Pofalla wohl nicht als beendet an. Wie es heißt, sei er bereit, den immer mehr in der Kritik stehenden Bahn-Chef Rüdiger Grube früher oder später zu beerben. Pofalla ziehe jedenfalls schon kräftig Strippen, was sich für ihn auszahlen könnte, soll er doch als einfacher Bahn-Vorstand „nur“rund 680000 Euro im Jahr verdienen, während der oberste Boss 1,44 Millionen einstreich­t. Stefan Stahl

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Foto: dpa

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