Mittelschwaebische Nachrichten

Ihr Spiel hat etwas Magisches

Die Schauspiel­erin Nina Hoss ist ein Ausnahmeta­lent. Als Kind sprach sie in Hörspielen und schon in ihrem ersten Studienjah­r bekam sie eine Riesenroll­e

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Selbstbewu­sst, aber auch bescheiden; unglaublic­h präsent, aber so, dass die anderen neben ihr nicht verblassen. Die 39-jährige Nina Hoss ist eine Ausnahmesc­hauspieler­in. Die Theaterstü­cke und die Filme, in denen sie mitwirkt, bekommen eine ungeahnte Intensität, als ob alles in ihrer Gegenwart wichtiger und wirklicher wird. Und man weiß als Zuschauer nicht, wie das vonstatten­geht. Weil Nina Hoss keine Schauspiel-Berserkeri­n ist. Eher das Gegenteil: Sie bannt ihr Publikum, indem sie das Unscheinba­re sichtbar macht. In den besten Augenblick­en gelingt es ihr, durchsicht­ig zu werden. Das ganze Innenleben ihrer Figuren an der Oberfläche sichtbar zu machen, ohne irgendetwa­s zu tun. Das hat etwas von Magie.

Hoss gehört zu den Schauspiel­ern, die in ihrer Karriere konsequent zweigleisi­g fahren. Sie arbeitet für den Film und das Theater. Am Theater gefällt ihr, Teil einer Gruppe zu sein, sich sechs, acht Wochen mit einem Stoff auseinande­rzusetzen. Beim Film sei die Rollenarbe­it einsamer. Dafür habe der Moment des Spiels vor der Kamera eine andere Qualität. „Ein Gerät wird angeschalt­et und plötzlich ist alles möglich, das ist großartig“, sagt sie.

Das Theater ist Hoss förmlich in die Wiege gelegt worden. Ihre Mutter Heidemarie Rohweder war Schauspiel­erin, Regisseuri­n und Theaterint­endantin. Der Berliner Morgenpost erzählte Hoss: „Ich lag schon als Baby neben der Bühne auf einer Decke und war auch, als ich größer wurde, oft im Theater.“ Kein Wunder, dass sie schon mit sieben Jahren Hörspielro­llen sprach und mit 14 Jahren das erste Mal auf der Bühne stand. Als Hoss an der Ernst-Busch-Schauspiel­schule in Berlin ihr Studium aufnahm, bekam sie gleich in ihrem ersten Jahr ein Angebot, zu dem sie nicht „Nein“sagen konnte: Sie spielte die EdelProsti­tuierte Rosemarie Nitribitt in Bernd Eichingers Fernsehfil­m „Das Mädchen Rosemarie“. Neun Millionen Zuschauer sahen sie damals neben Heiner Lauterbach und Katja Flint. Und: Hoss blieb neben den Stars nicht blass, sie glänzte. Von da an gehörte sie zu den gefragten Schauspiel­erinnen. Gleich nach ihrem Studium bekam sie ein Engagement am Deutschen Theater Berlin. Vor zwei Jahren wechselte sie an die Schaubühne Berlin. Es ist beeindruck­end, dort die Bandbreite ihrer Schauspiel­kunst zu sehen: Sie spielt die knallharte Geschäftsf­rau, die ihre skrupellos­en Brüder aussticht, in dem Stück „Little Foxes“genauso brillant wie die tablettens­üchtige Arzthelfer­in in „Bella Figura“.

In ihrer Film-Vita sticht hervor, dass sie seit Jahren mit dem Filmemache­r Christian Petzold zusammenar­beitet. Eigentlich sind alle sechs Filme der beiden – „Toter Mann“, „Wolfsburg“, „Yella“, „Jerichow“, „Barbara“und „Phönix“– Meisterwer­ke. Mit zwei dieser Filme war Hoss bereits zu den Filmfestsp­ielen in Venedig eingeladen. Nun ist sie wieder dort. Dieses Mal als Teil der Jury des heute beginnende­n Festivals. Richard Mayr

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Foto: dpa

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