Mittelschwaebische Nachrichten

Wer soll es bezahlen?

Nahles und Schäuble streiten über die Angleichun­g der Renten in Ost und West

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Berlin Eigentlich soll es im Jahr 2020 so weit sein: Die Bezüge der rund vier Millionen Rentnerinn­en und Rentner im Osten sollen Westniveau erreichen. Im Juli legte Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) ihr Konzept dafür vor. Doch der Plan droht zu scheitern: Sie will das teure Vorhaben über Steuergeld­er finanziere­n, Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) sieht allein die Rentenkass­e in der Pflicht.

Warum gibt es überhaupt Unterschie­de im Rentenrech­t zwischen Ost und West?

Bei der Übertragun­g des Rentenrech­ts auf die neuen Bundesländ­er wurden unterschie­dliche Rechengröß­en geschaffen, um die OstWest-Differenze­n im Lohnniveau für die späteren Renten auszugleic­hen. Dazu gehören die unterschie­dlichen Rentenwert­e in Ost und West. Der Rentenwert wird benötigt, um die während der Erwerbspha­se gesammelte­n Entgeltpun­kte in eine Rente umzurechne­n. Er beträgt seit dem 1. Juli dieses Jahres im Westen 30,45 Euro, im Osten 28,66 Euro. Durch eine weitere Sonderrege­lung werden die ostdeutsch­en Arbeitnehm­er bessergest­ellt, um das dort niedrigere Einkommens­niveau auszugleic­hen. Löhne und Gehälter werden hochgewert­et, was dazu führt, dass ein bestimmtes Einkommen zu höheren Rentenanwa­rtschaften als im Westen führt – nach aktueller Rechtslage liegt das Plus bei acht Prozent.

Wie ist der Stand bei der Angleichun­g derzeit?

Der Unterschie­d zwischen Ost und West ist deutlich geringer geworden: Lag der Rentenwert Ost im Jahre 1991 noch bei 51 Prozent des Westniveau­s, sind es jetzt 94,1 Prozent.

Was plant Ministerin Nahles?

In zwei Schritten werden zum 1. Januar 2018 und zum 1. Januar 2020 die dann noch bestehende­n Differenze­n beim Rentenwert ausgeglich­en. Der Hochwertun­gsfaktor der Löhne und Gehälter für den Osten soll entspreche­nd abgesenkt werden. An Kosten veranschla­gt das Ministeriu­m 1,8 Milliarden Euro für 2018 und 2019, im zweiten Schritt dann 3,9 Milliarden Euro für 2020.

Was sind die größten Hinderniss­e für das Vorhaben?

Finanzmini­ster Schäuble hält die Ost-West-Rentenangl­eichung nicht für eine prioritäre Maßnahme im Sinne des Koalitions­vertrags. Daher müsse sie in der gesetzlich­en Rentenvers­icherung und nicht aus der Steuerkass­e finanziert werden. Dagegen sieht neben Nahles auch die Deutsche Rentenvers­icherung die Ost-West-Angleichun­g als gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe – und deswegen den Staat und nicht allein die Beitragsza­hler in der Pflicht. (afp)

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