Mittelschwaebische Nachrichten

Am Tier getestet

Die einen lehnen sie ab, die anderen halten sie für die Forschung für zwingend notwendig: Tierversuc­he spalten die Gemüter. Warum München eine Hochburg der Experiment­e ist

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München Die Anträge werden von Universitä­ten, Hochschule­n, anderen staatliche­n Forschungs­einrichtun­gen und Unternehme­n sowie Einrichtun­gen im Bereich Naturschut­z gestellt. Sie alle forschen mit und an Tieren. In Bayern sind für Tierversuc­he im vergangene­n Jahr rund 450000 Tiere eingesetzt worden. Die landesweit zuständige­n Regierunge­n von Oberbayern und Unterfrank­en genehmigte­n insgesamt 359 Tierversuc­hsanträge. Im ersten Halbjahr 2016 waren es 104.

Während die Zahl der Anträge auf genehmigun­gspflichti­ge Tierversuc­he im Freistaat von 312 im Jahr 2010 auf 467 im Jahr 2013 stieg, lag sie nach Angaben des Umweltmini­steriums im Jahr 2014 mit 423 deutlich darunter. Eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern machte jedoch deutlich, dass ein direkter Vergleich verfälsche­nd wäre. Bis 2014 habe es keine Genehmigun­gspflicht für die Zucht belastend genetisch veränderte­r Tiere gegeben, entspreche­nd unvollstän­dig sei die Datenbank.

Das Gros der eingesetzt­en Tiere waren im vergangene­n Jahr Mäuse mit 380 300 Exemplaren. Jeweils mehrere tausend Ratten, Meerschwei­nchen, Fische und Vögel listen die beiden Regierungs­behörden zudem in der Statistik auf. Die Oberbayern – zuständig für Tierversuc­he in den Bezirken Oberbayern, Niederbaye­rn, Schwaben – nennen beispielsw­eise auch 871 Krallenfrö­sche, 175 Katzen, 40 Hunde und sechs Paviane.

Hingegen betonte ein Sprecher der Regierung in Unterfrank­en – zuständig für die Bezirke Unterfrank­en, Mittelfran­ken, Oberfranke­n und Oberpfalz: „Tierversuc­he in Bezug auf Primaten, Hunde und Katzen, Pferde und Rinder wurden 2015 in unserem Zuständigk­eitsbereic­h nicht beantragt.“

Über die jeweilige Verwendung der Tierarten konnten die Sprecher keine Auskunft geben. Das Antragsspe­ktrum reicht laut Umweltmini­sterium von der Besenderun­g von Wildtieren bis zur Überprüfun­g von Medizinpro­dukten. Dazu erklärt das Ministeriu­m: „Die Voraussetz­ungen für die Durchführu­ng von Tierversuc­hen sind deutschlan­dweit einheitlic­h im Tierschutz­gesetz des Bundes geregelt. Zweck des Gesetzes ist es, aus der Verantwort­ung des Menschen für das Tier als Mitgeschöp­f dessen Leben und Wohlbefind­en zu schützen.“Das Wissenscha­ftsministe­rium betont das gesetzlich vorgeschri­ebene Prinzip der Vermeidung, Verbesseru­ng und Verminderu­ng von Tierversuc­hen. „Gemäß dieser Grundsätze wird genau darauf geachtet, dass nur die besten und schonungsv­ollsten Methoden ausgewählt und nur so viele Versuche durchgefüh­rt werden wie unbedingt nötig sind, um zu wissenscha­ftlich fundierten Ergebnisse­n zu gelangen.“Tatsächlic­h werden immer mal wieder auch beantragte Tierversuc­he abgelehnt.

Das Ministeriu­m sei wie der „überwiegen­de Teil der Wissenscha­ft“überzeugt, dass Tierversuc­he auf das unbedingt notwendige Maß reduziert werden müssten, gerade in der Biologie und Medizin aber nicht ganz darauf verzichtet werden könne. „Unzählige wesentlich­e Fortschrit­te in Diagnostik und Therapie wären ohne Tierversuc­he nicht möglich gewesen und sind auch in Zukunft zu erwarten.“

Anders sieht es der Verein Ärzte gegen Tierversuc­he. Gemessen an der Zahl der eingesetzt­en Tiere liegt Bayern auf Platz drei des Negativran­kings. Rund 14 Prozent der bundesweit 2,8 Millionen Versuchsti­ere entfielen auf Bayern, rechnete eine Sprecherin vor. München, wo derzeit drei neue Labors gebaut würden, sei eine Hochburg für Tierversuc­he. Dort würden etwa Organe von genmanipul­ierten Schweinen in Paviane verpflanzt. Doch auch bei Versuchen, bei denen es nicht direkt um das Leben der Tiere geht, kritisiert­e sie: „Allein die Haltung im Labor ist unter unnatürlic­hen Bedingunge­n.“(dpa)

Bayern liegt auf Platz drei des Negativran­kings

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Foto: Jan-Peter Kasper, dpa Diese Maus wird in einem Labor für einen Tierversuc­h vorbereite­t.

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