Mittelschwaebische Nachrichten
Er nennt sie „Gnadenbrot“
Der Allgäuer Gerhard Köpf startet Buchreihe
„Er hat absolut richtig gehandelt, diesem idiotischen Literaturbetrieb den Rücken zu kehren.“Was Gerhard Köpf einem emeritierten Kollegen über den abgetauchten J. D. Salinger in den Mund legt, könnte sich auch auf ihn selbst beziehen. Denn der 1983 mit dem Preis der Klagenfurter Jury gestartete und dann mit vier Thulsern-Romanen in vorderer Reihe platzierte Autor schien bald lieber Literatur als Professor an in- und ausländischen Universitäten lehren zu wollen (zuletzt als Gast der Psychiatrischen UniKlinik München). Doch 2004 meldete er sich mit „Essays gegen das Vergessen“zurück und ließ alle paar Jahre kleinere Prosastücke folgen. Sie vereinen, was Köpf über einen anderen Autor sagen lässt: „elegante literarische Phantasie mit hochwissenschaftlicher Akribie und journalistischer Anschaulichkeit.“Dieses wie das Eingangszitat entstammen dem Auftakt einer Reihe, die der 67-Jährige mit der ihm eigenen Ironie „Edition Gnadenbrot“nennt. Der Titel des ersten Bandes „Von heroischen Leidenschaften“ist bei Giordano Bruno entliehen. Dessen „se non è vero, è ben trovato“(wenn nicht wahr, so gut erfunden) geistert durch alle hier versammelten sieben Erzählungen. Es sind, wie gewohnt, selbstund fremdbiografisch verwobene Kopfgeburten. Einmal führen sie auch in seine Allgäuer Heimat, wobei es in skurriler Weise um den 1827 von F. S. Lochbihler gemalten Kemptener Theatervorhang geht.
„Gnadenbrot“hat Köpf inzwischen fortgesetzt mit „Kleiner Versuch über die Langeweile“. (hks)