Mittelschwaebische Nachrichten
Wie gefährlich sind Mallorcas Straßen?
Eine bayerische Familie stirbt auf dem Weg zum Essen in ihrem Mietwagen. Die Statistik verzeichnet 2016 dutzende Opfer. Touristen sind besonders oft in Unfälle verwickelt
Palma Es ist der schwerste Verkehrsunfall auf Mallorca seit 19 Jahren: Eine Familie starb am Montagnachmittag auf den Straßen der Insel. Wie das Auswärtige Amt gestern bestätigte, handelt es sich um ein Paar und seine zwei Kinder aus Bayern. Laut Informationen der Münchner tz stammt die Urlauberfamilie aus dem oberbayerischen Freising und war erst seit wenigen Tagen auf der Insel. Das Auswärtige Amt, das bayerische Innenministerium und das Polizeipräsidium Oberbayern Nord bestätigten die Angaben aus personenschutzrechtlichen Gründen gestern nicht.
Augenzeugenberichten zufolge bog der 43-jährige Vater gegen 14.45 Uhr mit einem gemieteten VW-Polo von einer schnurgeraden Landstraße in Höhe des Küstenorts Son Serra de Marina links auf den Parkplatz des bekannten Restau- rants Rancho Grande ab und übersah einen entgegenkommenden Lieferwagen. Der Laster rammte das Auto seitlich. Die 42-jährige Mutter wurde aus dem Wagen geschleudert. Kunden und Mitarbeiter des Restaurants verständigten die Notrufzentrale und leisteten Erste Hilfe. Mindestens eines der sieben und zehn Jahre alten Mädchen war zunächst noch am Leben, starb aber noch vor dem Eintreffen der Rettungssanitäter, wie ein Augenzeuge gegenüber der Mallorca Zeitung berichtete: „Es ist unvorstellbar schrecklich. Da kommt eine Familie mit kleinen Kindern, um auf Mallorca eine schöne Zeit zu verbringen, und dann passiert so etwas. Ich finde dafür gar keine Worte.“
Der Fahrer des Lieferwagens erlitt nur leichte Verletzungen, stand aber unter Schock, wie eine Sprecherin der Notrufzentrale mitteilte. Wie er mussten auch Mitarbeiter der Rettungsdienste und der Polizei psychologisch betreut werden.
Nicht erst nach dem schrecklichen Unfall am Montag sind 2016 bisher deutlich mehr Menschen bei Verkehrsunfällen auf Mallorca gestorben als im Vorjahreszeitraum. Damals waren es 25 gewesen, jetzt sind es bereits 37. Bei den Todesopfern handelt es sich um 27 Männer und zehn Frauen. Die meisten Unfallopfer waren im Auto (18 Tote) oder auf dem Motorrad (neun Tote) unterwegs. Fünf Radfahrer, vier Fußgänger und ein Quadfahrer kamen ums Leben. Besonders stark stieg die Unfallstatistik im April an. Insgesamt neun Menschen kamen in diesem Monat ums Leben, acht von ihnen binnen zwei Wochen.
Eine junge Bulgarin, die am 16. April einen schweren Unfall mit drei Toten auf der Autobahn zwischen Palma und der 11000-EinwohnerStadt Andratx verursacht haben soll, wurde in Untersuchungshaft eingewiesen. Bei dem Unfall kamen zwei ihrer Mitfahrer und ein Motorradfahrer ums Leben.
Die mallorquinische Polizei hat derzeit allein in Palma etwa 60 gefährliche Punkte verzeichnet, an denen mehrmals im Jahr Unfälle passieren. Besonders häufig kracht es an den zahlreichen Kreisverkehren. Bei der Präsentation einer Unfallanalyse im Februar hatten die Beamten bekannt gegeben, dass ortsunkundige Autofahrer besonders oft in Verkehrsunfälle verwickelt sind – ausländische Urlauber ebenso wie Besucher vom Festland. Allein für den Monat August wurden auf der beliebten Insel fast zwei Millionen Urlauber erwartet – so viele wie selten.
Zahlreiche deutsche Touristen wohnen in dem Drei-Sterne-Aparthotel im Südosten der Insel, in dem auch die Familie aus Bayern Zimmer gebucht hatte – eine große Anlage mit Pools, Kinderspielplatz und Restaurants. Aus dem Hotel hieß es gestern, man habe die Urlauber nicht über den Unfall informiert, um die Erholung nicht zu stören.