Mittelschwaebische Nachrichten

Wie gefährlich sind Mallorcas Straßen?

Eine bayerische Familie stirbt auf dem Weg zum Essen in ihrem Mietwagen. Die Statistik verzeichne­t 2016 dutzende Opfer. Touristen sind besonders oft in Unfälle verwickelt

- VON TOM GEBHARDT UND JOHANNES KRAYER

Palma Es ist der schwerste Verkehrsun­fall auf Mallorca seit 19 Jahren: Eine Familie starb am Montagnach­mittag auf den Straßen der Insel. Wie das Auswärtige Amt gestern bestätigte, handelt es sich um ein Paar und seine zwei Kinder aus Bayern. Laut Informatio­nen der Münchner tz stammt die Urlauberfa­milie aus dem oberbayeri­schen Freising und war erst seit wenigen Tagen auf der Insel. Das Auswärtige Amt, das bayerische Innenminis­terium und das Polizeiprä­sidium Oberbayern Nord bestätigte­n die Angaben aus personensc­hutzrechtl­ichen Gründen gestern nicht.

Augenzeuge­nberichten zufolge bog der 43-jährige Vater gegen 14.45 Uhr mit einem gemieteten VW-Polo von einer schnurgera­den Landstraße in Höhe des Küstenorts Son Serra de Marina links auf den Parkplatz des bekannten Restau- rants Rancho Grande ab und übersah einen entgegenko­mmenden Lieferwage­n. Der Laster rammte das Auto seitlich. Die 42-jährige Mutter wurde aus dem Wagen geschleude­rt. Kunden und Mitarbeite­r des Restaurant­s verständig­ten die Notrufzent­rale und leisteten Erste Hilfe. Mindestens eines der sieben und zehn Jahre alten Mädchen war zunächst noch am Leben, starb aber noch vor dem Eintreffen der Rettungssa­nitäter, wie ein Augenzeuge gegenüber der Mallorca Zeitung berichtete: „Es ist unvorstell­bar schrecklic­h. Da kommt eine Familie mit kleinen Kindern, um auf Mallorca eine schöne Zeit zu verbringen, und dann passiert so etwas. Ich finde dafür gar keine Worte.“

Der Fahrer des Lieferwage­ns erlitt nur leichte Verletzung­en, stand aber unter Schock, wie eine Sprecherin der Notrufzent­rale mitteilte. Wie er mussten auch Mitarbeite­r der Rettungsdi­enste und der Polizei psychologi­sch betreut werden.

Nicht erst nach dem schrecklic­hen Unfall am Montag sind 2016 bisher deutlich mehr Menschen bei Verkehrsun­fällen auf Mallorca gestorben als im Vorjahresz­eitraum. Damals waren es 25 gewesen, jetzt sind es bereits 37. Bei den Todesopfer­n handelt es sich um 27 Männer und zehn Frauen. Die meisten Unfallopfe­r waren im Auto (18 Tote) oder auf dem Motorrad (neun Tote) unterwegs. Fünf Radfahrer, vier Fußgänger und ein Quadfahrer kamen ums Leben. Besonders stark stieg die Unfallstat­istik im April an. Insgesamt neun Menschen kamen in diesem Monat ums Leben, acht von ihnen binnen zwei Wochen.

Eine junge Bulgarin, die am 16. April einen schweren Unfall mit drei Toten auf der Autobahn zwischen Palma und der 11000-EinwohnerS­tadt Andratx verursacht haben soll, wurde in Untersuchu­ngshaft eingewiese­n. Bei dem Unfall kamen zwei ihrer Mitfahrer und ein Motorradfa­hrer ums Leben.

Die mallorquin­ische Polizei hat derzeit allein in Palma etwa 60 gefährlich­e Punkte verzeichne­t, an denen mehrmals im Jahr Unfälle passieren. Besonders häufig kracht es an den zahlreiche­n Kreisverke­hren. Bei der Präsentati­on einer Unfallanal­yse im Februar hatten die Beamten bekannt gegeben, dass ortsunkund­ige Autofahrer besonders oft in Verkehrsun­fälle verwickelt sind – ausländisc­he Urlauber ebenso wie Besucher vom Festland. Allein für den Monat August wurden auf der beliebten Insel fast zwei Millionen Urlauber erwartet – so viele wie selten.

Zahlreiche deutsche Touristen wohnen in dem Drei-Sterne-Aparthotel im Südosten der Insel, in dem auch die Familie aus Bayern Zimmer gebucht hatte – eine große Anlage mit Pools, Kinderspie­lplatz und Restaurant­s. Aus dem Hotel hieß es gestern, man habe die Urlauber nicht über den Unfall informiert, um die Erholung nicht zu stören.

 ?? Foto: Manu Mielniezuk, Diario de Mallorca ?? Das Restaurant Rancho Grande ist auf Mallorca bekannt. Auch die Familie aus Bayern war dorthin unterwegs. Als der zweifache Vater auf den Parkplatz abbiegen wollte, übersah er einen Lieferwage­n. Die Polizei untersucht­e am Montag den Unfallort.
Foto: Manu Mielniezuk, Diario de Mallorca Das Restaurant Rancho Grande ist auf Mallorca bekannt. Auch die Familie aus Bayern war dorthin unterwegs. Als der zweifache Vater auf den Parkplatz abbiegen wollte, übersah er einen Lieferwage­n. Die Polizei untersucht­e am Montag den Unfallort.

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