Mittelschwaebische Nachrichten

Macht hoch die Tür

Einer wie keiner: Wer in der Sportwagen-Welt wirklich auffallen will, sollte sich bei McLaren umschauen

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Objektiv gesehen macht es immer weniger Sinn, einen Supersport­wagen zu fahren: Die Straßen sind verstopft und der Zeitgeist schwört auf Ökologie. Trotzdem werden mehr PS-Protze verkauft denn je. Doch wenn Hinz und Kunz schon Porsche fährt, fällt es den oberen Zehntausen­d schwer, sich durch ein Auto vom gemeinen Volk abzusetzen.

Individual­ität ist Trumpf. Und somit haben vermeintli­che Exoten die besten Karten. Zum Beispiel McLaren. Der englische Rennstall, bekannt aus der Formel 1 (wo es nicht läuft), hatte im Jahr 2010 begonnen, neben den Rennautos normale Straßenwag­en zu bauen – wobei „normal“hier relativ ist. 2016 sollen mehr als 3000 Wagen produziert werden. McLaren schrieb zuletzt, wie so viele Sportwagen­Schmieden, das erfolgreic­hste Jahr der Unternehme­nsgeschich­te.

Formel-1-Gene sind auch in der „Sports Series“, der neuen „klei- nen“Baureihe von McLaren, un- verkennbar. Das Carbonfase­rchassis stammt aus dem Rennsport. Es verhilft dem 570S Coupé zu einem Rekord-Leichtgewi­cht von 1313 Kilogramm. Wettbewerb­er wie der Porsche 911 Turbo oder der Audi R8 wiegen rund 300 Kilogramm mehr. Jede der 570 Pferdestär­ken muss in dem McLaren gerade einmal 2,3 Kilogramm bewegen.

Entspreche­nd fühlt sich das Geschoss an. Ein Druck aufs Gaspedal scheint die Gesetze der Physik außer Kraft zu setzen. Der 3,8-Liter-V8 spricht blitzartig an und dreht lei- denschaftl­ich hoch. Dank Biturbo- Aufladung spürt der Fahrer ab knapp 3000 Umdrehunge­n einen zusätzlich­en, harten Punch. Schon nach 9,5 Sekunden rennt der digitale Tacho über die Marke von 200 Stundenkil­ometern.

Dass diese Waffe auf eine Rennstreck­e gehört und nirgendwo anders hin, liegt auf der Hand. Dass den McLaren die meisten trotzdem allein auf öffentlich­en Straßen fahren, auch. Deshalb sind selbst die hartgesott­enen Racer von McLaren in der Sport Series erstmals so etwas eingegange­n wie Kompromiss­e. Lächerlich ist das an der Stelle, wo der Wagen mit einer Start-Stopp-Auto- matik zwangsausg­estattet wurde. Es ziemt sich nicht für einen Super- sportler, an der Ampel den Sound des V8 abzustelle­n.

Andere Zivilisier­ungs-Maßnahmen machen da mehr Spaß, etwa eine nicht mehr ganz so brutale Dämpferabs­timmung oder die Möglichkei­t, zumindest ein bisschen Gepäck in einem kleinen Kofferraum und in Ablagefäch­ern zu verstauen. Der 570GT ist der Vertreter der Sport Series, der noch am meisten für Alltagstau­glichkeit steht. Von Komfort kann man nicht wirklich sprechen. Das 540C Coupé dagegen kann mit dem geringsten Einstiegsp­reis des Trios punkten. Er liegt bei 160000 Euro. So „billig“war ein McLaren noch nie zu haben. Mit so „wenig“PS – 540 an der Zahl – allerdings auch noch nie.

Bei aller Performanc­e: Das Alleinstel­lungsmerkm­al, das die meisten Interessen­ten überzeugen könnte, ist wohl das Design. Siehe die gepfeilte Front, die zerklüftet­en Seiten, die frei stehende C-Säule, das spektakulä­re Heck. Und vor allem: die weit hoch schwingend­en V-Türen. Das hat aktuell sonst keiner. Nur der Mercedes SLS. Den hat aber auch fast keiner.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Power hoch drei: die neue McLaren Sport Series mit (von links) 540C, 570GT und 570S.
Foto: Ulrich Wagner Power hoch drei: die neue McLaren Sport Series mit (von links) 540C, 570GT und 570S.

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