Mittelschwaebische Nachrichten
Das häusliche Bermuda-Dreieck
Für den Fall, dass Sie das Bermuda-Dreieck im westlichen Atlantik nördlich der Karibik verorten, muss ich Sie leider eines Besseren belehren. Nördlich der Karibik ist zwar richtig, aber damit hat es sich dann auch schon. Tatsächlich liegt das Bermuda-Dreieck – auch wenn Wikipedia stoisch etwas anderes behauptet – nämlich nicht im Atlantik, sondern mitten in unserer Region, und zwar ziemlich genau im Bereich unseres Wohnzimmers und der Küche. Manchmal ist allerdings auch das Kinderzimmer betroffen. Meldungen über spurlos verschwundene Schiffe und Flugzeuge sind natürlich völliger Quatsch, die haben da schließlich gar keinen Platz. Aber dass etwas kleinere Dinge plötzlich weg sind, von jetzt auf gleich völlig unauffindbar, das ist wahr.
Angefangen hat es mit einem Haarklämmerchen, das der Tochter vor Zeugen vom Kopfe sprang – und offenbar nie mehr irgendwo landete. Es muss sich im Flug in Luft aufgelöst haben. Trotz intensiver Suche selbst in und unter den Schränken tauchte es nie wieder auf – so, wie wenig später der Deckel eines Filzstifts und ein Backpinsel. Eines schönen Tages muss er die angestammte Schublade verlassen und nie wieder in sie zurückgefunden haben. Ein anderes Mal war es der leuchtend gelbe, eigentlich nicht zu übersehende Pulli des Teddys, den die Tochter eben noch in der Hand hielt. Sie ahnen, was passiert, als Teddy den Pulli anziehen soll: Er ist verschwunden, absolut unauffindbar. Noch dramatischer verhält es sich mit Oskar, den das Bermuda-Dreieck zum Halbwaisen gemacht hat. Eines Tages fehlte von seinem Vater, wie er selbst eine Lego-Figur, jede Spur. Vermutlich schwingt er irgendwo im Bermuda-Dreieck für uns alle unsichtbar den Backpinsel und fegt mal ordentlich durch: Angesammelt hat sich schließlich schon jede Menge.