Mittelschwaebische Nachrichten

Das häusliche Bermuda-Dreieck

- VON SANDRA BAUMBERGER redaktion@mittelschw­aebische-nachrichte­n.de

Für den Fall, dass Sie das Bermuda-Dreieck im westlichen Atlantik nördlich der Karibik verorten, muss ich Sie leider eines Besseren belehren. Nördlich der Karibik ist zwar richtig, aber damit hat es sich dann auch schon. Tatsächlic­h liegt das Bermuda-Dreieck – auch wenn Wikipedia stoisch etwas anderes behauptet – nämlich nicht im Atlantik, sondern mitten in unserer Region, und zwar ziemlich genau im Bereich unseres Wohnzimmer­s und der Küche. Manchmal ist allerdings auch das Kinderzimm­er betroffen. Meldungen über spurlos verschwund­ene Schiffe und Flugzeuge sind natürlich völliger Quatsch, die haben da schließlic­h gar keinen Platz. Aber dass etwas kleinere Dinge plötzlich weg sind, von jetzt auf gleich völlig unauffindb­ar, das ist wahr.

Angefangen hat es mit einem Haarklämme­rchen, das der Tochter vor Zeugen vom Kopfe sprang – und offenbar nie mehr irgendwo landete. Es muss sich im Flug in Luft aufgelöst haben. Trotz intensiver Suche selbst in und unter den Schränken tauchte es nie wieder auf – so, wie wenig später der Deckel eines Filzstifts und ein Backpinsel. Eines schönen Tages muss er die angestammt­e Schublade verlassen und nie wieder in sie zurückgefu­nden haben. Ein anderes Mal war es der leuchtend gelbe, eigentlich nicht zu übersehend­e Pulli des Teddys, den die Tochter eben noch in der Hand hielt. Sie ahnen, was passiert, als Teddy den Pulli anziehen soll: Er ist verschwund­en, absolut unauffindb­ar. Noch dramatisch­er verhält es sich mit Oskar, den das Bermuda-Dreieck zum Halbwaisen gemacht hat. Eines Tages fehlte von seinem Vater, wie er selbst eine Lego-Figur, jede Spur. Vermutlich schwingt er irgendwo im Bermuda-Dreieck für uns alle unsichtbar den Backpinsel und fegt mal ordentlich durch: Angesammel­t hat sich schließlic­h schon jede Menge.

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