Mittelschwaebische Nachrichten
Schulanfang
Was Eltern mit Zwillingen erwartet
Kötz Was sich auf dem Esszimmertisch im Haus der Familie Derck in Kötz türmt, ist gewaltig: Schultüte, Schulranzen, Mäppchen, Malkasten und Mappen – und alles in doppelter Ausführung. Denn Mama Dagmar und Papa Andreas haben nicht nur ein Kind, das im September in die Grundschule kommt, sondern mit Elena und Emily werden gleich zwei auf einen Schlag eingeschult. Zwillinge eben. Was sich über sechs Jahre bereits immer wieder gezeigt hat, beweist sich jetzt aufs Neue: Die Kosten schlagen zweifach zu Buche – und zwar gleichzeitig. 400 Euro tauchen bisher auf der Rechnung auf und es fehlt noch einiges. „Das läppert sich schon zusammen“, gesteht Dagmar Derck.
Doch sie und ihr Mann kennen es nicht anders. Seit der Geburt ihrer eineiigen Zwillinge im Jahr 2010 müssen sie immer doppelt denken, handeln und natürlich einkaufen. Autositze, Betten, Kleidung, das sind Kosten in anderen Dimensionen. „Da sind die Schulsachen kostentechnisch gar nicht so dramatisch“, sieht es Mama Dagmar positiv. Zum Glück gibt es ja auch nette Bekannte und Verwandte, die etwas beisteuern. Auf neue Schreibtische wollen Dercks vorerst verzichten. Hausaufgaben erledigen die Zwillinge im Wohnzimmer, wo sie sich am wohlsten fühlen.
Die Liste der zu besorgenden Schulutensilien war relativ schnell abgearbeitet. Abgesehen von den Schulranzen, da war die Suche nach den passenden Modellen etwas komplizierter. Von wegen, eineiige Zwillinge wollen alles genau gleich. Und auch noch exakt die gleiche Kleidung tragen. Letztere Frage haben sich ihre Eltern ohnehin nie gestellt. „Zwillinge sind schwer genug unterscheiden, für Erzieher und Lehrer sowieso. Da müssen sie nicht auch noch gleich angezogen sein“, findet Dagmar Derck. Emily, die Blondine mit den langen Zöpfen, bestand auf einem Pferdedesign. Und Elena mit ihrem Pagenschnitt, die eine Minute früher zur Welt kam, ist gerade auf dem Panda-Trip und wollte partout die schwarz-weißen Bären verewigt haben. „Da muss man erst mal einen Ranzen finden“, erzählt Mama Derck. Sie suchte und fand das Panda-Motiv zum Glück im Internet, zwar keines der allerneuesten Serie, dafür dasselbe Modell auch mit Pferden, leicht und vergleichsweise günstig, beide Ranzen sind blau. Dafür ist Emilys Schultüte in ihrer Lieblingsfarbe gehalten, pink, mit Papageien drauf. Weil sie im Kindergarten zuletzt ein Vogel-Projekt hatten und dieses auch auf den Schultüten umsetzten. Beim Basteln half neben Mama noch eine Erzieherin mit. „Zwei zeitgleich basteln ist schwierig“, sagt Dagmar Derck schmunzelnd.
war auch die Suche nach der richtigen Einrichtung für die zwei künftigen Schülerinnen. Für zwei Sechsjährige, die sehr aneinander hängen, die im Kindergarten öfter händchenhaltend dasaßen, die ein Jahr lang gebraucht haben, bis sie ihre eigenen Wege gingen, die gerne gemeinsam auftreten, aber auch ihre Freiräume brauchen. Getrennte Klassen schlossen die Eltern von vornherein aus. „Dazu brauchen sich die beiden doch zu sehr“, sagt Papa Andreas.
Mehrere Einrichtungen haben sie unter die Lupe genommen, Informationsabende mitgemacht und sich dann für die Montessori-Schule in Günzburg entschieden, eine private Einrichtung, die unabhängig von den festgelegten Schulbezirken frei wählbar ist. Das Konzept hat allen gefallen. „Dort geht man individuell auf die Kinder ein, der Spaß am Lernen und nicht das Leistungsprinzip stehen hier im Vordergrund“, sagt Mama Dagmar. Für Papa Andreas zählt außerdem, dass die Kinder dort untereinander nicht so verglizu chen werden. „Gerade bei Zwillingen ist die Gefahr sehr hoch, dass sie ständig bewertet werden. Die eine kann besser Mathe als die andere, die kann ja noch gar nicht lesen.“
„Ich kann schon lesen“, unterbricht Elena ihren Papa stolz. Und auf englisch beherrscht sie auch ein paar einfache Wörter. Zählen sowieso, bis es dreistellig wird. „100 und 100 ist 200, ist doch babyleicht“, fügt Emily hinzu. Was sie in der Schule überhaupt noch lernen wollen? Zweifaches Schulterzucken. Ob sie sich schon auf die Schule freuen? Nicht so richtig. „Die Erzieherinnen im Kindergarten waren so nett“, erklärt Elena. Etwas Positives gewinnt sie der Schule, die sie schon von innen gesehen hat, doch ab: „Die ist ziemlich schön. Und unsere Lehrerin und Paten haben wir auch schon kennengelernt.“
Natürlich sind die zwei gespannt auf ihre Schultüten, womit sie wohl gefüllt werden. Da haben Elena und Emily klare und übereinstimmende Vorstellungen. „Gummibärchen, keine Schokolade. Und ein PlüschDas tier“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Die zwei ergänzen sich perfekt. Und teilen gerne. Auch ein Kinderzimmer.
Ob sie sich beim Lernen und Hausaufgabenmachen auch absprechen? Darüber zerbricht sich Mama Dagmar schon ein wenig den Kopf. Noch dazu hat sich im Lauf der Zeit herausgestellt, dass Elena Linkshänderin ist, wer mit ihr Schreiben übt, muss umdenken. „So wie ich sie kenne, wollen sie alles zusammen machen. Nur hoffentlich nicht voneinander abschreiben.“
Richtig ernst wird es am 14. September. 24 Stunden später als in den anderen Schulen, da die Klassenkameraden noch eine Überraschung für die jüngsten Mitschüler vorbereiten. Mama und Papa haben sich für den großen Tag extra freigenommen. Los geht’s bereits um 7.30 Uhr. Eine gewaltige Umstellung nach den langen Ferien. Da heißt es dann wieder früh aufstehen und rechtzeitig fertig werden. Und das gleichzeitig. Schulanfang im Doppelpack eben.